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13. November

Entscheidungszeit

Das Wort vom Kreuz ist eine Torheit denen, die verloren werden, uns aber, die wir selig werden, ist's eine Gotteskraft. 1. Korinther 1,18

Es gibt also, wie wir hier hören, Menschen, "die verloren werden", und Menschen, die "selig werden". Es hat gar keinen Wert, sich über diese Tatsache aufzuhalten oder sich in allerlei abwegige Gedanken darüber zu verlieren oder gar sich gegen die Zumutung, so etwas annehmen zu müssen, zu empören. Es ist und bleibt trotzdem Tatsache, dass es eine ewige Seligkeit und eine Verlorenheit in der Ewigkeit gibt. Einen Wert aber hat es, sich durch diese Feststellung vor die Entscheidung stellen zu lassen. Das nämlich will der Apostel hier. Er will uns mitteilen, dass die Scheidewand zwischen den Verlorenen und den Seligen jetzt noch nicht endgültig ist. Es können immer noch Veränderungen und Umschichtungen und Neueinteilungen vorkommen. Der Apostel zeigt mit dem Finger auf das Vorhandensein dieser Scheidewand hin in der Hoffnung, ja in der Erwartung, dass wir anfangen, nach der Seligkeit zu fragen und die Seligkeit zu ergreifen. Eigens zu diesem Zweck nämlich ist uns unser Leben geschenkt. Unsere Lebenszeit ist Entscheidungszeit. Nach dem Tod gibt es, nach allem, was wir wissen, die Möglichkeit der Entscheidung nicht mehr. "Unser Leben währet siebzig Jahre, und wenn's hoch kommt, so sind es achtzig Jahre, und wenn es köstlich gewesen ist, so ist es Mühe und Arbeit gewesen, denn es fähret schnell dahin, als flögen wir davon." Das ist ein aufgehobener Mahnfinger. Uns ist nur dieses Leben geschenkt, und das ist obendrein noch recht kurz, auch wenn es achtzig Jahre währte. Schmal ist das Äckerlein zwischen den beiden Marksteinen Geburt und Tod, und gar schnell ist dieses Äckerlein der Länge und der Breite nach abgeschritten. Und wer diese eine Chance, diese eine Entscheidungsmöglichkeit verpasst, verpasst sie eben. Darum entscheide dich lieber heute schon als erst morgen. Dass du jetzt lebst, weisst du. Ob du morgen noch leben wirst, weisst du nicht. Ich fragte einst einen nicht allzu kranken Bauersmann: "Darf ich Ihnen ein Wort lesen?" Er sagte: "Morgen dann!" und kehrte sich gegen die Wand. Am anderen Morgen war er tot. Wer sich aber für den am Kreuz entscheidet, dem fängt das Kreuz des Heilandes an, eine täglich neue Gotteskraft zu werden.

Herr, lass mich die Botschaft vom Kreuz so hören, dass sie mir zur Seligkeit wird und zur Gotteskraft. Gib, dass ich ein Zeuge dieser Gotteskraft werde, damit die Leute es sehen und deinen Namen preisen. Amen.

O Ewigkeit, du machst mir bang, / o ewig, ewig ist zu lang; / hier gilt fürwahr kein Scherzen. / Drum, wenn ich diese lange Nacht / zusamt der grossen Pein betracht, / erschreck ich recht von Herzen; / nichts ist zu finden weit und breit / so schrecklich als die Ewigkeit. Johannes Rist

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