Der Herr sprach zu Saulus: Stehe auf und gehe in die Stadt, da wird man dir sagen, was du tun sollst. Apostelgeschichte 9,6
Hier ist einer, der gewohnt ist, Befehle entgegenzunehmen und Befehle pünktlich und gründlich auszuführen. Saulus ist ein "Mann der Tat", ein Aktivist. Ein Geschlecht, das so sehr die Tat verherrlicht wie das unsrige, kann nicht anders, als zu diesem Saulus von Tarsos hinaufschauen. Es hat ja wohl noch nie ein Menschengeschlecht gegeben, das so wie das unsrige hätte arbeiten können, das so wie dieses Geschlecht alle Kräfte des Menschen und der ganzen Schöpfung sich nutzbar zu machen versteht. In der Alphütte, in der ich diese Zeilen schreibe, gibt's noch kein elektrisches Licht. Da kommt mir zum Bewusstsein, was das für eine ungeheure Verlängerung der Arbeitszeit bedeutet, seitdem wir das Licht haben. Arbeiten können wir, das muss man uns einfach lassen. Wir sind ein "Geschlecht der Tat" geworden. Aber nun schau dir diesen Tatmenschen, von dem in unserem heutigen Wort die Rede ist, noch etwas genauer an. Dieser Tatmensch ist Gott begegnet und liegt nun blind und gebrochen im Wüstensand, greift hilflos mit den Händen um sich und fragt, fragt es vielleicht zum allererstenmal in dieser notvollen Art: "Was soll ich tun?" Und Saulus von Tarsos erkennt, dass Männer der Tat Männer der blinden Tat sind. Er hat in seiner Tatkraft die Gemeinde Gottes verfolgt. Ein Geschlecht, das einfach die Tat anbetet wie das unsrige, handelt schliesslich blind und wird, ohne dass es will, ein Geschlecht der blinden Tat. Wir werden noch ganz andere Augen machen, wenn uns die Augen darüber aufgehen werden, wohin uns unser Tatmenschentum geführt hat. Tatmenschen haben schliesslich alle immer wieder, wie jener Saulus von Tarsos, Blut an den Händen, nicht nur den Schweiss der Arbeit, sondern das Blut der Gewalttat. Aber nun hat Gott den Saulus aus dem Sattel geworfen und hat ihm seinen Zustand aufgedeckt. Und auf seine Frage, was er denn tun solle, gibt ihm Gott zunächst gar nichts zu tun, sondern er soll hingehen und warten, nur warten. Die drei Tage des stillen Wartens verbringt Saulus von Tarsos im — Gebet. Sollte es doch nicht ganz so dumm gewesen sein, das "bete und arbeite"?
Herr, der du uns die Kraft zur Arbeit gabest, lehre uns wieder beten. Amen.
Wenn meine Kräfte brechen, / ich kaum mehr atmen kann, / und kann kein Wort mehr sprechen, / Herr, nimm mein Seufzen an. Jena 1609