Und als er noch redete, siehe, da kam Judas, der Zwölf einer, und mit ihm eine grosse Schar, mit Schwertern und mit Knütteln, von den Hohenpriestern und Ältesten des Volks. Matthäus 26,47
Dieser Judas hat ein unverschämtes Glück. Ihm ist gelungen, was vor ihm viele vergeblich versucht haben. Was einem Herodes einst beim Kindermord zu Bethlehem nicht gelang, was den Pharisäern trotz aller verzweifelten Versuche bisher nicht gelang, das ist nun dem Judas gelungen. Wie mancher Grosse dieser Welt hat sich mit einem halben Dutzend seinesgleichen zuerst schlagen und abmühen müssen, um zu Macht und Reich zu gelangen! Sie alle haben Grund, Judas zu beneiden, denn der hat gleich den obersten, den König aller Könige, gefangen nehmen dürfen, ihn selber, den Menschensohn, "des Gewalt ewig ist, und dessen Königreich kein Ende hat". Judas hat nicht den Sieger in irgendwelchem kleinen Menschentreffen gefangen genommen, sondern den Sieger von Chorazin, den Sieger von Bethsaida, den Sieger vom Gergesener-Lande, den Sieger von Jericho und von Bethesda, den Sieger von Nain, Kapernaum und Bethanien, den hundertfachen Sieger über Blindheit, Lähmung, Taubheit, Aussatz, ja den Sieger über den Tod und schliesslich eben noch in Gethsemane den Sieger über den Teufel — den hat Judas verraten und verhaften und ausliefern können. Damit aber ist ihm ein Fang gelungen, wie noch nie einem Menschenjudas ein Fang gelang und eine Beute in den Schoss fiel. Was wären 72’000 Grosskampfflugzeuge im Vergleich zu jenen 72’000 Engeln, die Jesus zur Verfügung stehen vom Vater im Himmel, wovon ein einziger genügte, um Hundertmillionenvölker mit Blindheit zu schlagen und mit Pest zu belegen! Der Mann, dem dieser Streich gelang, steht geradezu da als ein "Mann Gottes". Es kann nicht anders sein, als dass Gott selber mit diesem Judas ist. Anders hätte dem das Ungeheuerliche niemals gelingen können und gelingen dürfen. Gott hat dem Judas das Gelingen geschenkt. Gott hat ihm eine Judasstunde, eine Stunde des Wirkens und Gelingens eingeräumt.
Herr, unser Herz ist sehr erschrocken, dass in deinem Ratschluss solches möglich wird. Tröste in dieser Zeit alle Erschrockenen. Amen.
O Durchbrecher aller Bande, / der du immer bei mir bist, / bei dem Schaden, Spott und Schande / lauter Lust und Himmel ist: / übe ferner dein Gerichte / wider unsern Adamssinn, / bis dein treues Angesichte / uns führt aus dem Kerker hin. Gottfried Arnold