Siehe, meine Tage sind einer Hand breit bei dir, und mein Leben ist wie nichts vor dir, wie gar nichts sind alle Menschen, die doch so sicher leben. Psalm 39,6
"Bei dir", "vor dir"; das ist wichtig, zu bedenken. Sonst sind ja unsere Tage lang und schön; und wenn sie nicht schön sind, dann sind sie noch länger. Aber "bei dir"! Was bedeuten bei Gott 70 Jahre, und wenn's hoch kommt, 80 Jahre? Sonst ist ja unser Leben wahrhaftig nicht nichts, sonst ist es wichtig und reich an Freuden und an Leid, reich an Schatten und an Lichtern, an Gütern und an Mängeln. Aber was bedeutet dieses Leben "vor dir"? Eine Handbreite, ein Schaum, ein Räuchlein, ein Nichts. Eine Blume, die des Morgens blüht und des Abends verdorrt. Auch die Güte unseres Fleisches ist wie Gras, das abgehauen wird und verdorrt. So vergehen unsere Wochen, so vergehen unsere Jahre, bald ist man 40, und schon sind die 50er Jahre da. Sogar Himmel und Erde vergehen "vor dir", die Erde wird zu Staub "vor dir", und der Himmel wird aufgerollt wie ein Tuch "vor dir". Aber er selber, vor dem alles vergeht, er selber vergeht nicht. "Meine Worte werden nicht vergehen." Gottes Worte sind nicht nur Worte. Sie enthalten gewaltige Versprechungen. Lies doch einmal deine Bibel durch, nur gerade daraufhin, was dir da in Aussicht gestellt ist, und was Gott mit dieser Welt noch vorhat. Dann erst fängst du an, deine Bibel zu lieben, nicht nur zu verstehen, sondern zu lieben, wenn du auf all diese Gotteszusicherungen zu achten beginnst. Dass seine Worte nicht vergehen, das heisst, dass er alle seine gemachten Versprechungen halten, alle seine Zusicherungen erfüllen, alle seine unterschriebenen Wechsel einlösen werde. "Siehe, meine Tage sind einer Hand breit bei dir, und mein Leben ist wie nichts vor dir."
Und doch, grosser Gott, hast du mein Leben vom Verderben erlöset und hast diese Handbreite in Ewigkeit verwandelt, hast mich herausgerufen aus dem Nichts, dass es etwas sei, hast mich hineingerufen aus dem Kot in dein ewiges Vaterhaus, hast mich beim Namen genannt, dass ich dein Kind sei und dass du mein Vater seiest. Und das alles hast du getan von dir selber aus, weil du mich liebst. Lasset uns miteinander seinen Namen erhöhen. Amen.
Wie Väter mit Erbarmen / auf ihre zarten Kindlein schaun, / so tut der Herr uns Armen, / wenn wir nur kindlich ihm vertraun. / Er kennt das arm Gemächte / und weiss, wir sind nur Staub, / ein bald verwelkt Geschlechte, / ein Blum und fallend Laub. / Der Wind nur drüber wehet, / so ist es nimmer da; / also der Mensch vergehet, / sein End, das ist ihm nah. Johannes Gramann