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7. Februar

Meinetwegen

Mein Volk gehorcht nicht meiner Stimme, und Israel will nicht. So habe ich sie gelassen in ihres Herzens Dünkel, dass sie wandeln in ihrem Rat. Psalm 81,12–13

Es ist ein Geheimnis der göttlichen Erziehung, dass er seine Kinder, die ihm nicht gehorchen wollen, nicht zum Gehorsam zwingt, sondern ihnen den trotzigen Eigenwillen lässt. Unsere Mutter pflegte, wenn wir ihr mit Beharrlichkeit etwas abdrücken und abtrotzen wollten, dann schliesslich jeweilen zu sagen: "Mira!" Das heisst: "Meinetwegen tu's halt, aber auf deine eigene Verantwortung hin." Oft genügte dieses kurze "Mira", dass man abliess vom Eigenwillen. Ging man aber seiner Wege, dann ging man ohne elterliches Ja und ohne Segen. Dieses "Mira", dieses "Meinetwegen tu's halt, aber ohne meinen Segen", wendet auch Gott an in der Erziehung seiner Kinder. Aber er schaut ihnen dann blutenden Herzens nach, wie damals, als der verlorne Sohn in die Fremde zog, und wie damals, als der reiche Jüngling von Christus sich weg wandte, und wie damals, als sein Volk von ihm einen Monarchen, einen König, ertrotzte. Sein Vaterherz blutet dann jeweilen, denn er weiss, dass sein Kind, dem er seinen Willen lässt, von Abgrund zu Abgrund fällt und von Torheit zu Torheit stürzt. Und das lässt ihn nicht gleichgültig. Das Elend unserer Tage kommt weithin daher, weil Gott "uns gelassen hat in unseres Herzens Dünkel, dass wir wandelten in unserem Rat". Aber warum macht's Gott so? Wäre es nicht gescheiter, Gott zwänge uns zum Gehorsam? So fragt nun bereits der böse, der pöchelnde Trotz. Gott weiss wohl, warum er uns nicht zu willenlosen Automaten schuf, sondern zu Kindern, die ja oder nein sagen können. Da gibt's nichts zu widermaulen. Das "Meinetwegen" ist nicht sein letztes Wort. Wie blutig er um unsere Halsstarrigkeit leidet, zeigt er uns dort, wo er um dieser Halsstarrigkeit willen am Kreuz verblutet.

Herr, gib, dass ich bei dir bleibe und mich leiten lasse nach deinem Rat und Willen. Amen.

Meine schwere Sündenschuld / traf den treuen Bürgen; / er liess sich aus grosser Huld / mir zugut erwürgen. / So ward unser Heil vollbracht: / Sollt uns nicht geziemen, / seiner Liebe starke Macht / ewiglich zu rühmen? Heinrich Held

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