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4. Oktober

Die Vorbedingung

Gott hat uns selig gemacht und berufen mit einem heiligen Ruf, nicht nach unseren Werken, sondern nach seinem Vorsatz und der Gnade, die uns gegeben ist in Christus Jesus vor der Zeit der Welt. 2. Timotheus 1,9

Das ist ein fast unerträgliches Ärgernis, "vor der Zeit der Welt" habe Gott den Vorsatz gefasst, dich zu retten durch die Gnade, die uns gegeben ist in Christus. Damit sagt Gott, dass wir mit gar keiner eigenen Anstrengung, so gut und recht solche Anstrengungen an sich sind, aber dass wir mit gar keiner Anstrengung uns selber zu erlösen vermögen, dass die Erlösung eindeutig und restlos sein Vater- und Herrenwerk ist. Für uns, die wir von Natur überall dabei gewesen sein möchten, und die wir es gewohnt sind, die Unentbehrlichen zu sein, ist das ein gehöriger Dämpfer. Uns interessiert darum ganz merkwürdig stark, was die Menschen getan haben, bevor sie gerettet wurden; welche Vorbedingungen sie zuerst erfüllten, bevor Gott an ihnen sein Werk tat. All diese Vorbedingungen des Heils werden einfach abgeschnitten durch die Erklärung Gottes: "Vor der Zeit der Welt" ist uns die Gnade gegeben. Da ist nichts mehr vorher. Aber doch, wendest du ein, eine Rolle möchtest du zum mindesten doch gespielt haben beim Werk deiner Erlösung, und wenn's auch nur die Rolle des Portiers wäre, der dem anklopfenden Herrn die Tür aufgetan hat. Gott aber sagt, dass wir tatsächlich dabei keine Rolle spielen können, ausser eben der einen, dass wir verlorene, arme Sünder sind. Eine andere Rolle als diese haben wir nicht in Gottes Heilsplan. Er hat uns selig gemacht, noch bevor wir uns richtig verhalten konnten. Er hat uns "gerufen mit einem heiligen Ruf", noch bevor wir ihn zu rufen vermochten. Er hat den Vorsatz gefasst, uns zu begnadigen, noch bevor wir den Vorsatz fassen konnten, aus der Verlorenheit heraus zu ihm ins Vaterhaus zurückzukehren. Es ist so, es ist tatsächlich so, magst du den Kopf schütteln und rebellisch widerreden oder nicht, es ist so: Gottes Gnade ist älter, als du bist, älter, als alle Menschen sind, älter als die Welt. Ich kann sie nicht gewinnen, mit keiner Tat — aber, pass auf — verlieren kannst du sie!

Herr, erhalte uns in deiner Gnade, erhalte uns bei deinem Wort. Du hältst mich an meiner rechten Hand, auch dann, wenn meine Hand dich nicht mehr halten kann. Amen.

Da ich noch nicht geboren war, / da bist du mir geboren / und hast mich dir zu eigen gar, / eh ich dich kannt, erkoren! / Eh ich durch deine Hand gemacht, / da hast du schon bei dir bedacht, / wie du mein wolltest werden. Paulus Gerhardt

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