Suchet der Stadt Bestes, dahin ich euch habe lassen wegführen, und betet für sie zum Herrn; denn wenn's ihr wohl geht, so geht's euch auch wohl. Jeremia 29,7
Das ist nicht einmal die liebe Vaterstadt, von der es hier heisst: "Suchet der Stadt Bestes und betet für sie zum Herrn", nein, diese Stadt ist die gottlose und verhasste Babel, das ist das Herz des Feindes, der Jerusalem belagert, erobert, ausgeraubt und zerstört hat, und der den grössten Teil des Volkes mit in die Verbannung geschleppt hat. An diesen nach Babel verschleppten und verbannten Teil des Volkes, an diese um ihres Glaubens willen verhöhnten Volksgenossen, die anderswo klagen: "An den Wassern zu Babel sassen wir und weinten, wenn wir an Zion gedachten; unsere Harfen hingen wir an die Weiden, die daselbst sind" — an diese Menschen schreibt der Prophet: "Suchet der Stadt Bestes und betet für sie zu dem Herrn." Dies Wort steht in der gleichen Linie wie jenes bekannte Jesuswort: "Liebet eure Feinde, segnet, die euch fluchen, bittet für die, so euch beleidigen und verfolgen." Damit ist uns Regel und Richtlinie gegeben für unser Verhalten zu Babel. Die Gemeinde Christi lebt ja auch heute, wo immer sie leben mag, in der Fremde, in Babel, wo ihr Glaube verhöhnt und ihre Lieder verlacht und ihre Gebete verspottet und ihre Versammlungen beargwöhnt werden. Die Kinder der christlichen Gemeinde gehen zu Babel in die Schule, ihre Söhne und Töchter stehen in babylonischen Diensten, und dieses Babel ist darauf aus, die Gemeinde von Grund aus zu zerstören und ihre Tempel abzubrechen. Auf der ganzen Linie steht die Gemeinde, und zwar nicht etwa erst in den letzten Jahren, sondern seit Jahrzehnten, immer deutlicher unter Fremdherrschaft. Hier in der Fremde aber haben wir als Christen treu und still unsere Pflicht zu erfüllen, haben, wo immer wir hohe oder niedere Posten innehalten, bis aufs äusserste exakt und treu unsere Geschäfte zu verrichten, sollen, solange das nur immer erträglich ist, "der Stadt Bestes suchen und für sie beten zu dem Herrn". Die Gemeinde hat in Babel Gemeinde, das heisst, Fremdkörper zu bleiben. Das ist ihr stiller Kampf.
Herr Jesus, bewahre die Deinigen davor, die Welt liebzuhaben; gib deiner Gemeinde die Gabe der Feindesliebe. Amen.
Gott lasse seinen Frieden ruhn / auf unserm Volk und Land; / er gebe Glück zu unserm Tun / und Heil zu allem Stand. Paulus Gerhardt