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14. Juli

Sonntagssegen

Ich habe Lust an der Liebe und nicht am Opfer, und an der Erkenntnis Gottes und nicht am Brandopfer. Hosea 6,6

Und in diesem Wort steckt an dich und mich eine rechte Montagsfrage, die noch einmal mitten ins Herz zielt. Du besuchst die Sonntagsgottesdienste. Das ist heutzutage keine Kleinigkeit. Es wurde dir nicht leicht, früh aufzustehen, fertigzumachen und um neun Uhr im Gotteshaus zu sein. Es war vielleicht ein Opfer, ein Opfer, das du deinem Gott dargebracht hast. Predigtgang im zwanzigsten Jahrhundert ist Opfer, Opfer für den abgehetzten Hausvater, Opfer für die buchstäblich erdgebundene Jugend, die durch die geheimen Kräfte des Blutes und des Bodens an allen Haaren hinausgezogen wird in die Wälder und ans Wasser, ein Brandopfer und ein Ganzopfer ist's, was einer heute mit öffentlichem Predigtgang Gott darbringt. Aber nun die Montagsfrage: War dein Kirchgang nur Opfer? Eine knechtische Pflicht? Liebelos und mürrisch dargebracht? Oder ist dein Sonntag eine Quelle der Gotteserkenntnis? Merkst du am Montag etwas davon, dass du am Sonntag in der Predigt warst? Und merken deine Mitangestellten, Untergebene und Vorgesetzte, etwas vom Segen des Sonntags? Gott hat Lust an der Liebe und nicht am Opfer, an der Erkenntnis Gottes und nicht am Brandopfer. Jeremias Gotthelf lässt in "Geld und Geist" den alten Bauern Christen folgendes über den Segen des Sonntags sagen: "Ich muss bekennen, allemal, wenn ich in die Kirche kam oder zum Nachtmahl, nahm ich mir vor, mehr zu gehen. Es wohlete mir allemal, es war mir fast der Seele nach, wie es mir ist, wenn ich zur Selteni einmal badete. Es düechte mich allemal, ich habe mehr Mut, und es habe mir wieder gluteret vor den Augen, und ich könne alles ruhiger nehmen. So wie wir ehemals all unsere Zwiespältigkeiten durch das Gebet haben aufzehren lassen, so sollte der Sonntag alles austilgen, was die Welt einem die Woche über angehängt hat. Und wie man am Sonntag ein sauberes Hemd anzieht, so sollte man auch die Seele säubern und reinigen, es würde manchen Unflat weniger geben auf der Welt."

Herr, du hast diesen Tag geheiligt und gesegnet. Lass ihn uns zum Vorgeschmack und zum Abglanz deiner ewigen Herrlichkeit werden. Fülle ihn mit deinem Wort und Geist und lass die Botschaft vom Auferstandenen Gehör finden. Amen.

Jesu, Herr und Haupt der Deinen, / Sonne der Gerechtigkeit, / wandelnd unter den Gemeinen, / die zu deinem Dienst bereit. / Komm zu uns, wir sind beisammen, / giesse deines Geistes Flammen, / giesse Licht und Leben aus / über dies dein Gotteshaus. Johann Michael Hahn

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