Meine Schafe werden nimmermehr umkommen, und niemand wird sie mir aus meiner Hand reissen. Johannes 10,28
Gestern hörten wir von den Kindern Zions, von den Königskindern, heute hören wir von den Schafen des Hirten. Das Schaf und das Kind, die zwei sind im ganzen Neuen Testament mit den ganz grossen Gottesverheissungen bedacht worden. Für sie ist das Himmelreich in Aussicht genommen. Beide wissen nichts von Eigenexistenz und Unabhängigkeit. Das Kind ist abhängig von den Grossen, das Schaf ist abhängig von seinem Hirten. Ausgerechnet vom Schaf, von diesem wehrlosesten unter den Haustieren, heisst es nun, dass "sie werden nimmermehr umkommen", so wie wir anderswo von den Sanftmütigen hörten, dass sie, ausgerechnet sie, das Erdreich besitzen werden. "Meine Schafe werden nimmermehr umkommen." Dies Wort steht steil und unzugänglich gegen alles, was unser Auge in dieser Welt sehen und unser Verstand verstehen kann. Wir sind hier gefragt, ob wir's im Glauben wagen wollen, ein Schaf in der Hand und unter der Obhut dieses Hirten zu sein. Das aber heisst, ob die Gemeinde Christi bereit sein werde, mitten unter den Wölfen der Zeit ein Schaf zu sein. Leichter ist's, mit den Wölfen heulen, und riesengross ist jetzt die Versuchung für die Gemeinde in aller Welt, dass sie mit den Wölfen heule. Aber das Schaf allein hat die Verheissung, dass "niemand es aus meiner Hand reissen wird". Der Bekenner Christi kann von der Hand seiner Lieben gerissen werden, von Amt und Haus und Volk und Kameradschaft und Freundschaft. Auch die Ehre kann ihm genommen, kann ihm heruntergerissen werden. Ja der Bekenner Christi kann aus dem diesseitigen Leben in den Tod hineingeschleppt werden, aber aus Christi Hand kann er nie und unter keinen Umständen gerissen werden, denn "meine Schafe werden nimmermehr umkommen, und niemand wird sie mir aus meiner Hand reissen".
Herr, nimm weg aus unseren Herzen die Angst vor denen, die den Leib können töten, und erhalte deine Gemeinde wachsam vor dem, der Leib und Seele verderben will in die Hölle. Sei du mein Hirte, dann, nur dann, wird mir nichts mangeln. Amen.
Wir warten dein, du kommst gewiss; / die Zeit ist bald vergangen; / wir freuen uns schon über dies / mit kindlichem Verlangen. / Was wird geschehn, / wann wir dich sehn, / wann du uns heim wirst bringen, / wann wir dir ewig singen. Philipp Friedrich Hiller