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13. September

Die Waffe der Geringen

Der Herr vergisst nicht des Schreiens der Armen. Psalm 9,13

Der Arme ist nicht ohne Wehr und Waffe. Es ist ihm eine Rüstung gegeben. Es ist die gleiche, die das Kind hat. Die Waffe der Kinder und der Geringen ist das Schreien. Der Arme und das Kind, sie haben sozusagen ein Alarmsignal und Feuerhorn, damit man "hornen" kann. Das "Hornen" des armen Mannes aber bleibt nicht ungehört. Gott im Himmel hat ein gar scharfes Ohr für den Schrei des Geringen. Er hört ihn besser, als eine Mutter das Schreien ihres Kindleins hört. Und Gott hat einen langen Arm. Gott vermag dem Armen, der sich dieser Waffe bedient, Hilfe zu verschaffen, gehe es, so lang es wolle, diese Hilfe bleibt nicht aus. Dafür ist dieser ganze neunte Psalm ein machtvolles Zeugnis, neben vielen anderen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man die Psalmen immer ganz lesen muss und dass es nicht gut ist, nur einzelne Sprüchlein herauszuholen. Darum lies diesen Psalm ganz. Er enthält einen machtvollen Armentrost. Freilich, er enthält auch eine sehr ernste Mahnung. Für den Armen ist die Versuchung riesengross, dass er sich anderer Waffen bedient und zur Selbsthilfe sich verleiten lässt und mit der Faust auf den Tisch schlägt, statt die Hände zu falten. Diese Selbsthilfe des armen Mannes versagt. Die Reichen sind ja doch immer mächtiger als er und vermögen den Faustkampf ja doch immer wieder länger auszuhalten. Nur derjenige Arme darf Anspruch, ja, Anspruch! erheben auf die machtvolle Hilfe des himmlischen Vaters, der es beim Schreien bewenden lässt. Pestalozzi sagt in "Lienhard und Gertrud", dort in der Predigt des Pfarrers, die Worte: "Selig seid ihr, wenn der Arme euch segnet und wenn Witwen und Waisen Tränen des Dankes über euch zu Gott weinen. Wer aber den Armen aus Übermut drückt und elenden Leuten Fallstricke legt und die Häuser der Witwen aussaugt, der ist schlimmer als Diebe und Mörder, deren Lohn der Tod ist." Witwen und Waisen haben einen Richter. Der Arme schreit nicht umsonst.

Herr, der du das Schreien der Geringen hörst, weisst, wie oft schon andere über mich zu dir gerufen haben. Verwirf mich nicht von deinem Angesicht und nimm den Heiligen Geist nicht von mir. Behalte deinen Knecht noch ein Jahr im Dienst. Amen.

Verleih uns Frieden gnädiglich, / Herr, Gott, zu unsern Zeiten! / Es ist doch ja kein andrer nicht, / der für uns könnte streiten, / denn du, unser Gott allein. Martin Luther

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