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2. November

Wintermonat

Ich muss wirken die Werke des, der mich gesandt hat, solange es Tag ist, es kommt die Nacht, da niemand wirken kann. Johannes 9,4

Damit treibt Christus zur Eile. Er kennt für sich Zeiten des Wirkens und sieht eine Zeit kommen, da das Wirken vorbei ist. Wenn er das in seinen Erdentagen von seinem Werk sagt, wie viel mehr gilt das für seine Gemeinde, solange sie in dieser Weltzeit wandelt! "Es kommt die Nacht, da niemand wirken kann." Im Wintermonat, unmittelbar vor dem Einschneien, kommt jeweilen eine seltsame Eile über den Bauersmann. Da fängt er, der sonst noch zu den Menschen gehört, die sich Zeit nehmen und darum auch Zeit haben, an, mit der Viertelstunde zu geizen. Die Wintersaat muss unter allen Umständen in den Boden, alle Feldfrüchte müssen herein, die Spätäpfel von den Bäumen und die Rüben vom Feld, und schon sind die Nächte lang geworden, und tief den Berghang hinunter hat's schon einige Male geweisselt. Bald ist's vorbei mit Aussaat und mit Ernte, bald kommt für ihn die Nacht, da er nicht mehr wirken kann. Solch ein "Wintermonat" kommt je und je auch über die Gemeinde, wenn nicht alles trügt, auch heute wieder. Die Aussaat wird von Jahr zu Jahr schwieriger, die Möglichkeiten der Verkündigung werden immer enger umgrenzt und schliesslich eines Tages vielleicht völlig abgedrosselt. Nicht, dass jetzt die Zeit schon so weit fortgeschritten wäre; aber, wenn nicht alles trügt, dann bewegt sie sich in dieser Richtung, in der Richtung auf einen "Wintermonat" hin, da die Ungerechtigkeit überhandnimmt und es kalt und starr wird unter den Völkern. Darum heisst es eilen, säen, wo noch Boden empfänglich ist, ernten, wo noch Früchte reif sind. Noch stehen viele Türen offen, noch sind eine Menge Wege gangbar, noch gibt es aufgelockerten Acker, noch gibt es Felder, weiss zur Ernte. Aber es eilt jetzt. Wir ahnen wieder einmal die Nähe einer Nacht, da niemand wirken kann. Ob es die letzte Nacht ist, verschliesst sich unserem Erkennen.

Gott, wie lang ist es Tag gewesen, und ich habe ihn nicht genützt! Schenk deiner Gemeinde die Gnade, zu wirken, solang es Tag ist, damit sie dann die Nacht getrost dir überlassen kann. Denn du schläfst noch schlummerst nicht. Amen.

Gib dem Wort, das von dir zeuget, / einen recht gepriesnen Lauf, / dass noch manches Knie sich beuget, / sich noch manches Herz tut auf, / eh die Zeit erfüllet ist, / wo du richtest, Jesu Christ. R. E. Stier

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