Seite zurück
Nächste Seite

17. Juni

Die Macht des Heiligen Geistes

Nikodemus spricht zu ihm: Wie kann ein Mensch geboren werden, wenn er alt ist? Kann er auch wiederum in seiner Mutter Leib gehen und von neuem geboren werden? Johannes 3,4

So möchten wir alle sprechen: Von neuem geboren werden, in diesem Alter noch! So etwas ist doch sonst vorbei, wenn eine gewisse Altersstufe erreicht und überschritten ist. Es gibt eine abgeschlossene Hoffnungslosigkeit des Alters. Der Volksmund redet da eine sehr beredte Sprache. Er ist vollgespickt von solchen Worten der Hoffnungslosigkeit dem Alter gegenüber, dem Alter, das verholzt und verkalkt ist und keine neuen Schosse mehr zu treiben vermag, geschweige denn eine völlige Neugeburt erfahren könnte. "Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr." Oder: "Früh krümmt sich, was ein Häkchen werden will." So stellen die Kenner unseres heutigen Geschlechts den Grundsatz auf: Der Mensch könne Neues nur so bis zu seinem vierzigsten Altersjahr hinzulernen, dann sei er fertig und abgeschlossen. Was er bis dahin nicht gelernt habe, dafür sei es nach vierzig zu spät. Kein Wunder, ist die Zahl vierzig für unser Geschlecht zum reinsten Popanz und Schreckgespenst geworden für so viele Menschen, die ewig jung, ewig rosig und blühend und elastisch bleiben möchten. Und nun hören wir hier, wie der Herr in jener Nacht dem Greis — das ist er offenbar — die Neugeburt anbietet. Dem Heiligen Geist ist dies Unmögliche möglich. Der Heilige Geist fragt keinen Menschen: Bist du vierzig gewesen? Hast du die Schwelle schon überschritten? Der Heilige Geist wird fertig mit uns, wenn wir längst nicht mehr fertig werden mit uns selber und wenn längst kein Mensch mehr fertig wird mit uns. Er wird über uns Herr, in welchem Alter wir immer stehen mögen. Er hat dem greisen Simeon den Heiland gezeigt in einem Alter, da dieser bereits Mühe hatte, die Tempelstufen emporzusteigen, und die greise Hanna jubelnd gemacht, als ihr schon lang keine Schneidezähne mehr wehtaten. Ist aber sogar dem greisen Nikodemus die Neugeburt angeboten, wie sollte sie nicht allen unter vierzig erst recht angeboten sein?

Herr, ich bitte dich für alle Alten und Vergrämten, für alle Welken und Hoffnungslosen, zeig ihnen durch deinen Geist die Herrlichkeit deines ewigen Lebens. Amen.

Du, Herr, hast selbst in Händen / die ganze weite Welt, / kannst Menschenherzen wenden, / wie dir es wohl gefällt; / so gib doch deine Gnad / zu Fried und Liebesbanden, / verknüpf in allen Landen, / was sich getrennet hat. Paulus Gerhardt

Creative Commons-Lizenz

Inhaltsverzeichnis