Und es begab sich, da Jesus alle diese Reden vollendet hatte… Matthäus 26,1
Es ist bedeutsam und auffällig, dass Jesus dort, wo er seinen Jüngern den Leidensweg ankündigt, sich "des Menschen Sohn" nennt. Bei der ersten Leidensverkündigung lässt er diesen Hoheitsnamen zwar weg, weil Petrus eben vorher sein hochfeierliches Messiasbekenntnis abgelegt hat (Matthäus 16). Aber schon bei der zweiten Ankündigung heisst es: "Es wird geschehen, dass des Menschen Sohn überantwortet wird in der Sünder Hände" (Matthäus 17). Die dritte Leidensvoraussage bringt wiederum Jesu Hoheitsnamen: "Des Menschen Sohn wird den Hohenpriestern und Schriftgelehrten überantwortet werden" (Matthäus 20). Und dann folgen bei Matthäus die grossen Reden von der Wiederkunft Christi, zuletzt die Rede, die den Herrn in Herrscherwürde und Herrlichkeit zeigt, die mit den Worten beginnt: "Wenn aber des Menschen Sohn kommen wird in seiner Herrlichkeit, und alle heiligen Engel mit ihm, dann wird er sitzen auf dem Thron seiner Herrlichkeit" (Matthäus 25). Und nun, beachte das, o Christenheit, unmittelbar nach dieser Rede voller Majestät schliesst Matthäus seinen Bericht über den Leidensweg des Herrn an: "Und es begab sich, da Jesus alle diese Reden vollendet hatte —." Das wollen wir keinen Augenblick vergessen, wenn wir jetzt drangehen, die Passion Christi nach Matthäus zu betrachten: So wie am Ausgang dieses Leidensweges der auferstandene Herrscher steht, der sagt: "Mir ist gegeben alle Gewalt", genauso steht gleich hier am Eingang zum Leidensweg Christi derselbe Herr, der Herr, auf den Wolken kommend, "und werden vor ihm alle Völker versammelt werden". Nicht irgendwelche Reden sind also gemeint, wenn Matthäus seinen Bericht einleitet mit den Worten: "Und es begab sich, da Jesus alle diese Reden vollendet hatte —", sondern es sind damit diese ganz bestimmten Reden von der zukünftigen Herrlichkeit und vom Endsieg Christi gemeint. Wer das auch nur für einen Augenblick vergisst, der hat den rechten Blick auf Jesu Passion verloren.
Herr, schenk mir den Geist der Demut und der Anbetung, damit ich deine Passion recht anschaue. Amen.
Jesu, deine Passion / will ich jetzt bedenken; / wollest mir vom Himmelsthron / Geist und Andacht schenken. / In dem Bilde jetzt erschein, / Jesu, meinem Herzen, / wie du, unser Heil zu sein, / littest alle Schmerzen. Sigismund von Birken