Demütiget euch vor Gott, so wird er euch erhöhen. Jakobus 4,10
Die Bewegungsrichtung des Christenmenschen geht abwärts. In der Bibel ist zwar oft von "Wachsen" die Rede. Und wir dürfen tatsächlich in einem gewissen Sinn wachsen, wachsen in der Erkenntnis und in unserem Christenstande. Wir müssen nicht anhaltend "an Ort gehen", wir dürfen Schritte tun und Wege zurücklegen und uns Ziele stecken und diese Ziele auch erreichen, ja unsere Ziele sind weiter gesteckt als irgendwelche andere Ziele, wir dürfen wachsen, dürfen "immer völliger werden", dürfen "zunehmen an Weisheit und Gnade bei Gott und bei allem Volk". Aber das alles unter der einen Voraussetzung, dass es sich dabei um ein Abwärtswachsen handelt, weil die Bewegungsrichtung eines Christenmenschen abwärts geht. Unsere Natur aber will, das hat sie mit jedem Grashalm gemeinsam und mit jeder Stubenfliege, aufwärts sich bewegen, aufwärts wachsen. Die Abwärtsbewegung, die einem Christenmenschen unbegrenzt freisteht, ist unserer Natur ganz und gar zuwider. Aber nicht nur unsere naturhaften Triebe, sondern auch unser Menschengeist möchte nicht abwärts, sondern aufwärts wachsen. Darum versprechen die so genannten Geistesbewegungen dem Menschen einen Aufstieg von Stufe zu Stufe, einen Höhenweg. Das ist der Grund, warum wir Menschen für alle möglichen Geistesbewegungen, die uns "Auftrieb" versprechen, sehr leicht zu haben sind. Ganz und gar nicht leicht zu haben aber sind wir für das Tiefenwachstum, für den Abstieg, den uns Christus offeriert. Hier geht es gegen unsere Neigung, hier geht es uns "wider den Strich". Es ist darum die Wirkung eines Geistes, der nicht unser Geist ist, wenn es sich begibt, dass ein Mensch anfängt, in die Abwärtsbewegung einzuwilligen. Dies Wunder meint Jakobus, wenn er der Gemeinde zuruft: "Demütiget euch vor Gott." Wo aber dies Wunder geschieht, erfolgt das zweite Wunder der Erhöhung. Gott führt in die Tiefe, aber er führt auch wieder herauf. Es wird Karfreitag, aber es wird auch Ostern.
Herr Jesu, nimm mich hinein in dein Sterben und hinein in deine Herrlichkeit. Du bist der Weg, du bist die Richtung, du bist alles. Amen.
Die ihr Geduld getragen / und mitgestorben seid, / sollt nun nach Kreuz und Klagen / in Freuden sonder Leid / mitleben und regieren / und vor des Lammes Thron / mit Jauchzen triumphieren / in eurer Siegeskron. Laurentius Laurentii