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23. Juni

Der Aussätzige

Herr, so du willst, kannst du mich wohl reinigen. Matthäus 8,2

Dieser Mann da rechnet allen Ernstes mit der Möglichkeit, dass Christus nicht will. Er pocht nicht auf ein Recht seinerseits, und er weiss nichts davon, dass der Herr eine Pflicht und Schuldigkeit hätte, sozusagen weil das nun einmal sein Metier ist, alle Menschen zu heilen oder gar in jeder beliebigen Notlage des Alltags einzuspringen. Auch in seinem Helfen bleibt Christus der Herr. Niemals lässt er sich vorschreiben, wo und wann und wie er helfen soll. Dies demütige Wissen um Gottes Eigenwillen liegt in der Bitte dieses Mannes da: "Herr, so du willst —." Er will damit sagen: Willst du, so bin ich von Herzen froh. Willst du aber nicht, nun, so wirst du deine Gründe haben, und ich muss sie respektieren. Vielleicht habe ich's dann eben verdient, was ich trage. Auf alle Fälle aber, ob du nun willst oder nicht, am Können würde es dir nicht fehlen. Du kannst, wenn du willst: "Herr, so du willst, kannst du mich wohl reinigen." Und das sagt nun ein Aussätziger! Einer, der, bis zur Unkenntlichkeit von Geschwüren zernagt und verfressen, von den Menschen aufgegeben und ausgestossen ist. Er hätte Grund zu Groll und Trotz und Bitterkeit. So ist denn völlige Verbitterung jeweilen auch die Begleiterscheinung dieses Leidens gewesen — begreiflicherweise. Dieser Mann da aber darf demütig glauben und vor Jesus anbetend niederknien. Man darf sich füglich fragen, was wunderbarer und geheimnisvoller sei, das Wunder dieser vorangehenden Glaubensdemut oder das Wunder der nachfolgenden Heilung des Unheilbaren.

Herr, schenke mir durch den Heiligen Geist den Glauben, der an deiner Macht nicht zweifelt, auch dann nicht, wenn deine Gedanken höher sind denn meine Gedanken, und wenn deine Wege nicht die meinigen sein sollen. Herr, so du willst, kannst du. Alle Dinge sind dir möglich. Du konntest den Aussätzigen reinigen; du kannst es auch bei mir. So reinige mich durch dein heiliges Blut. Lass die Taufgnade durch den Heiligen Geist an mir wirksam werden. Amen.

Ich auch auf den tiefsten Stufen, / ich will glauben, zeugen, rufen, / ob ich schon noch Pilgrim bin: / Jesus Christus herrscht als König, / alles sei ihm untertänig! / Ehret, liebet, lobet ihn! Philipp Friedrich Hiller

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