Seid fröhlich in Hoffnung. Römer 12,12
Wenn die Bibel von Fröhlichkeit und Freude redet, dann ist auch das etwas grundanderes als das, was wir sonst so nennen. Unsere gewöhnliche Freude ist abhängig von unserem persönlichen Wohlbefinden. Geht es uns miserabel, dann ist unsere Freude dahin. Wir können uns nur freuen, wenn unser Herz "guter Dinge ist". Die Freude des Christenmenschen aber hat ihren Grund nicht in erster Linie in gegenwärtigem Wohlsein. Sie ist ihrem tiefsten Wesen nach eigentlich eine Vorfreude, Freude auf Hoffnung hin. Die grossen Zukunftsverheissungen stehen wie ein grosses Licht über der Gemeinde, ein Licht, das vor allem die Nächte hell macht. Darum ist die Freude eines Christenmenschen durchaus nicht abhängig von dem, was in der Gegenwart sich abspielt. Im Psalm 34 steht sogar das erstaunliche Wort: "Die Elenden sollen sich freuen", eben freuen in Erwartung der Hilfe, die nicht ausbleiben wird. Diese biblische Freude, die in der Hoffnung auf die Zukunft ihren Nährgrund hat, ist eine sehr weltüberwindende Tragkraft für jede notvolle Gegenwart. Darum gebietet der Apostel diese Freude geradezu: "Seid fröhlich in der Hoffnung." Damit weist er hin auf einen vornehmsten Beruf und Auftrag der Kirche Christi in der gegenwärtigen Welt. Die Gemeinde hat die Sendung, mitten in einem verzweifelten Geschlecht an den zukünftigen Verheissungen festzuhalten und auf Grund dieser Verheissungen fröhlich zu sein und fröhlich zu bleiben. Martin Luther hat einmal Evangelium übersetzt mit "Freudengeschrei". Das ist es, ein Freudengeschrei haben wir loszulassen als Christen inmitten einer verjammerten Zeit. Wie hast du bisher diesen Auftrag eines Christenmenschen ausgerichtet? Warst du ein griesgrämiger Christ oder ein Bote des Evangeliums? Hatte nicht manchmal Nietzsche recht, wenn er den Christen vorwarf: "Erlöster müssten sie mir aussehen, wenn ich an ihren Erlöser glauben sollte"?
Herr, lass mich heute ein Botschafter deiner Freude sein, zu Hause und draussen. Erwecke du selber ein Freudengeschrei in dieser lauten, von viel Geschrei erfüllten Welt. Herr, wir warten der Zeit, da nicht mehr Leid sein wird, noch Geschrei, noch Schmerz, da nur mehr das Freudengeschrei der Erlösten hörbar sein wird und auch das Heulen verstummt. Amen.
Dein Wort ist unsres Herzens Trutz / und deiner Kirche wahrer Schutz; / dabei erhalt uns, lieber Herr, / dass wir nichts andres suchen mehr. Nikolaus Selnecker