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27. März

Da aber Pilatus sah —

Da aber Pilatus sah, dass er nichts schaffte, sondern dass ein viel grösser Getümmel ward, nahm er Wasser und wusch die Hände vor dem Volk und sprach: Ich bin unschuldig am Blut dieses Gerechten, sehet ihr zu. Matthäus 27,24

Pilatus weiss ganz genau, dass hier ein Gerechter verurteilt ist. Und Pilatus weiss, dass er der Mann ist, der als letzte Instanz dies Unrecht hätte verhüten können. Und nun hat er es nicht verhütet. Pilatus weiss, dass er damit Schuld auf sich lädt. Diese Tatsache bedrängt ihn sichtlich an jenem Karfreitag Morgen. Dazu die Warnung seines Weibes: "Habe du lieber nichts zu schaffen mit diesem Gerechten, ich habe heute viel gelitten im Traum um seinetwillen." Die Schuld bedrängt ihn nicht nur, sie fängt an ihn zu ängstigen. Er weiss, was jeder Heide weiss, dass Schuld üble, unabsehbare Folgen haben kann. Pilatus fürchtet sich. O Pilatus, jetzt ist deine Stunde gekommen! Jetzt bist du dem ewigen Heil zum Greifen nah! Ein geängstigtes und zerschlagenes Gemüt will Gott ja nicht verachten. Gib deine Schwäche vor Christus zu, und versuche nicht, deinen Fall, deinen tiefen Fall zu beschönigen. Der Heiland der Welt ist bereit, auch für einen geängstigten Pilatus zu sterben. Auch die Sünde des Pilatus ist nicht grösser als das Erbarmen Gottes. Aber Pilatus weicht aus. Er lässt seine Schuld ihn nicht zum Erlöser treiben, sondern greift zur Wasserschale und spricht: "Ich bin unschuldig am Blute dieses Gerechten; sehet ihr zu!" O Pilatus, hättest du doch nur das nicht getan! Dass ein Mensch einen tiefen Fall tut, das ist ein Unglück. Aber dass ihn dieser Fall nicht zu Christus treibt, das ist ein noch grösseres Unglück. Wenn der Sünder eine Schale nimmt und seine Hände in Unschuld wäscht, das ist das grösste Unglück, denn im Himmel ist mehr Freude über einen Sünder, der Busse tut, denn über 99 Gerechte, die ihre Hände in Unschuld waschen. So kommt denn, ihr alle, die ihr mühselig und beladen seid, die ihr aufgehört habt, euch selber zu entschuldigen, kommet zum Tisch des Herrn. Christus will euch nicht hinausstossen. Aber wenn du eine Schale nähmest, so weit wie der Erdkreis und so tief wie das Meer, kein Wasser vermag dir das zu schenken, was das Blut des Herrn, das uns rein macht von aller Sünde.

Herr, dein Erbarmen ist grösser, als unser Herz es fassen kann. Lass uns deine Langmut nicht zum Vorwand unserer Sünde werden, sondern treib uns an, dass wir das Heil ergreifen. Amen.

Christi Blut und Gerechtigkeit, / das ist mein Schmuck und Ehrenkleid; / damit will ich vor Gott bestehn, / wenn ich zum Himmel werd eingehn. Nikolaus Ludwig von Zinzendorf

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