Rede, Herr, dein Knecht hört. 1. Samuel 3,9
Gott neigt sich aus seiner erhabenen Höhe dieser Erde zu, und seine Augen suchen nach einem Knaben, der in finsterer Nacht am Eingang eines verwüsteten Heiligtums liegt. Und dreimal hintereinander ruft Gott diesen Knaben an, bis dass er endlich innewird, wer mit ihm redet. Und weil Gott sich's nicht verdriessen liess, weil er sich herbei liess, einen halbwüchsigen Knaben anzurufen, darum hat Samuel schliesslich antworten können: "Rede, Herr, dein Knecht hört!" Ich kann nie begreifen, wie man aus dieser Antwort des Samuel ein so wichtiges Getue machen konnte, als ob hier der Empfänger wichtig wäre! Das Wunder, das hier unseren ganzen Blick auf sich ziehen will und unsere ganze Aufmerksamkeit verdient, ist aber nicht der hörende Knabe, sondern der sprechende Herr. Dass es Gott gefällt, mit uns Menschen eine Sache zu haben, dass es Gott gefällt, mit uns nähere Beziehungen zu pflegen, das ist das Wunder aller Wunder, das ist das Wunder, das einst schon Adam und Eva beglückte, das ist das Wunder, vor dem die Hirten anbeten und die Weisen aus dem Osten knien. Vor diesem Wunder möchte ich heute Morgen stille werden und mein Herz mit Dank und Lob erfüllen lassen. Ich soll nicht auf mich selbst gestellt, sozusagen freihändig, in diesen Tag und in dieses Jahr hineinfahren, sondern der Herr, der diese Welt aus nichts erschuf, gönnt mir sein gnädig Angesicht und sein Wort. Es ist ein Wunder, wenn ich diesen Tag und dieses Jahr und alle Tage dieses Jahres als hörender Knecht beginnen und beschliessen darf.
Herr, mache meinen Willen völlig und ganz bereit, dein Wort zu hören, so dass es für mich am heutigen Tage richtunggebend und verbindlich wird. Nimm den Geist des Ungehorsams fort, um deiner Barmherzigkeit willen. Amen.
Sehet dies Wunder, wie tief sich der Höchste hier beuget! / Sehet die Liebe, die endlich als Liebe sich zeiget! / Gott wird ein Kind, / träget und hebet die Sünd. / Alles anbetet und schweiget. Gerhard Tersteegen