Des andern Tages, der da folget nach dem Rüsttage, kamen die Hohenpriester und Pharisäer sämtlich zu Pilatus und sprachen: Herr, wir haben gedacht, dass dieser Verführer sprach, da er noch lebte: Ich will nach dreien Tagen auferstehen. Matthäus 27,62‑63
Die Feinde Jesu, die seiner so sicher waren, haben ihre Sicherheit bereits wieder verloren. Auch da ein Umschwung. "Sämtliche", heisst es, kommen am anderen Tage schon zu Pilatus und erinnern den Landpfleger daran, dass dieser Verführer gesagt habe, in drei Tagen werde er von den Toten auferstehen. Damit nun nicht die Jünger den Leichnam stehlen können und nachher sagen, seine Voraussage sei eingetroffen, erbitten sie von Pilatus eine amtliche Wache. Dieser Gang als nochmalige Bittsteller zu dem verhassten Römer wird ihnen schwer genug gefallen sein. Sie können sich in keiner Weise ihres Triumphes freuen, die Armen! Im Gegenteil, sie werden nicht nur diese eine schlaflose Nacht, sie werden noch ganz andere Scherereien und Schwierigkeiten mit diesem Jesus von Nazareth bekommen. Er, der "zu Lebzeiten" kein Bequemer war und der nie ein Bequemer sein wird, ist nicht einmal als Leichnam ein Bequemer. Nicht einmal im Grab, zwischen Karfreitag und Ostern, haben sie Ruhe vor ihm. Auch Pilatus ist übrigens unangenehm berührt durch dieses neue Ansinnen. Mürrisch gewährt er ihnen die Wache. Unfreundlich sind die begleitenden Worte: "Da habt ihr die Hüter!" Als wollte er sagen: Habt ihr nicht bald genug? Und sie gehen hin mit der Wache und versiegeln den Stein am Grab. Seltsam, diese Wache! Sie hat ihn im Kasernenhof am bittersten verhöhnt, und nun kann sie sich ihres Scherzes auch nicht mehr freuen. Auch da ist bereits der Umschwung geschehen. Nun bekommen sie noch Extraarbeit mit diesem Menschen, Nachtarbeit. Sie mag ihnen kaum gefallen. Müssen diese Soldaten Augen machen über den unerwarteten Befehl! Und müssen die sich wundern über das vornehme Begräbnis, das nun dem Opfer ihrer Roheit doch noch zuteil geworden ist! Die Hohenpriester und Pilatus und die Soldaten, seine sämtlichen Peiniger, die hohen und die niederen, müssen nun, ohne dass sie wollen, auch für das sorgen, was bis dahin noch gefehlt hat, und was jedem toten König sonst zuteil zu werden pflegt — für die Ehrenwache. Und noch etwas anderes besorgen sie mit dieser Verfügung. Sie meinten, durch diese Massnahme jeden Betrug verhüten zu können. Damit haben sie unfreiwillig dafür gesorgt, dass jeder Betrug um den Toten herum ausgeschlossen ist. Was für ein Umschwung. Es wird noch einen ganz anderen Umschwung geben.
Herr, Himmel und Erde vergehen. Aber dein Wort geht in Erfüllung bis zum letzten Buchstaben. Das zeigt mir deine Passion. Amen.
Hüter, ist der Tag noch fern? / Schon ergrünt es auf den Weiden, / und die Herrlichkeit des Herrn / nahet dämmernd sich den Heiden. / Blinde Pilger flehn um Licht. / Jesus hält, was er verspricht. Friedrich Adolf Krummacher