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22. Februar

Liebhaben

Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieb haben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von allem Vermögen. 5. Mose 6,5

"Lieb haben!" Da greif mit beiden Händen zu. Solch ein Angebot ist keine Kleinigkeit. Denk, was das heisst, dass du Gott, deinen Herrn — lieb haben darfst, ausgerechnet lieb haben! Gott bietet hier seinem geringen Geschöpf die innigste Beziehung an, die denkbar ist, das Liebhaben. Das ist der Vater, der sich hier herabbeugt, tief, tief herab übers Kind. Und das Kind darf den Vater lieb haben. Aber nun fällt auf, dass Gott das, was eine wunderbare Gunst und Herablassung des Vaters ist, dass Gott das Angebot dieser Himmelsgabe in ein Gebot und in eine Aufgabe umgewandelt hat. Das ist höchst befremdlich. Warum sagt er nun nicht: "Du darfst!" warum jetzt dieses: "Du sollst, sollst den Herrn, deinen Gott, lieb haben"? Ach, er weiss schon, dass in mir etwas ist, das sich seiner Liebe widersetzt, etwas wie ein Hang zur Untreue, ein Hang zu dem, was die Propheten "Hurerei" nannten, womit sie unsere verirrte Liebe zu anderen Göttern meinten. Statt Gott lieb zu haben, hängen wir das Herz an Nichtse, an Götter, die uns nicht lieb haben. Das aber lässt sich Gott nicht ohne weiteres gefallen. Gott ist eifersüchtig auf unsere Liebe. Er will meine ganze Liebe, will sie nicht mit anderen teilen, will mein ganzes, ungeteiltes Herz. Das aber will Gott nun nicht um seinet-, sondern um meinetwillen. Weil er meine ganze Rettung will, darum will er meine ganze Liebe. Weil er allein mein Herr sein will, weil er also meine ganze Befreiung will von der Sklaverei der Götzen, darum will er meine ganze Seele, weil er mein ganzer Vater, mein alleiniger Vater sein will und nicht ein Rabenvater, darum sagt er: "Du sollst mich lieb haben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von allem Vermögen."

Nicht ein knechtisches Joch willst du mir auferlegen, lieber Herr. Darum hast du mich ganz hinein genommen in dein Liebhaben, und darum hast du deinen Sohn geschickt, damit er die Werke des Teufels zerstöre. Amen.

Drum auf, mein Herz, fang an den Streit, / weil Jesus überwunden; / er wird auch überwinden weit / in dir, weil er gebunden / der Feinde Macht, dass du aufstehst / und in ein neues Leben gehst / und Gott im Leben dienest. Laurentius Laurentii

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