Als aber der Sabbat um war, und der erste Tag der Woche anbrach, kam Maria Magdalena und die andere Maria, das Grab zu besehen. Und siehe, es geschah ein grosses Erdbeben, denn der Engel des Herrn kam vom Himmel herab, trat hinzu und wälzte den Stein von der Tür und setzte sich drauf. Matthäus 28,1‑2
Auffällig unösterlich beginnen sämtliche Osterberichte der Schrift. Wir sehen Frauen, die Nächsten des Herrn, hinaus zum Grabe gehen in der Haltung und mit Gedanken, wie sie eben Frauen bis auf den heutigen Tag beschäftigen, wenn sie auf den Friedhof hinausgehen, um draussen bei den stillen kleinen Feldern allerlei frauliche Hantierungen zu verrichten. Seltsam. Während die Feinde Jesu an seine Voraussage der Auferstehung sich erinnern, sehen wir bei sämtlichen Jüngern am Ostermorgen keine Spur von Osterhoffnung oder gar Erinnerung an seine Worte. So sehr hat das Karfreitagsgewitter jedes Hälmlein auf ihrem Glaubensacker in den Erdboden hineingeknetet. Unösterlich ist's auch bei den allerersten Osterzeugen, bei den Kriegsknechten. Oder meint ihr etwa, jene Soldaten, die am Grab Jesu am Ostermorgen eine "Wachtablösung" durchmachten, wie keine zweite derartige dürfte zu verzeichnen sein in den Annalen des römischen Heeres, jene Soldaten, die sich plötzlich durch einen Engel abgelöst sehen in ihrem Dienst und über diese Begegnung so erschrecken, dass sie zunächst umfallen, als wären sie tot, und die, wieder zu sich gekommen, fluchtartig das Grab verlassen, meint ihr, die hätten Osterfrieden gehabt und Osterlicht gesehen? Meint ihr, die haben nicht nach Luft geschnappt, als wären sie am Letzten? Denen war's nicht österlich zumute und keineswegs wohl in ihrer Haut. Und die Hohenpriester und Schriftgelehrten, denen sie zuerst von dem Erdbeben am Grab und von dem Engel und von der Wegwälzung des Steines berichten, meint ihr, denen sei es etwa österlich zumute gewesen? Die haben auch geseufzt, ach Gott, wann wird die Welt endlich einmal Ruhe haben und des Friedens sich freuen können? Wann wird dieser Nazarener endlich einmal aufhören, uns von Aufregung zu Aufregung zu stürzen? Sauberer Osterfriede, das! — der nur darnach trachtet, dem Erdbeben zu entrinnen und möglichst ungeschoren durchs Leben zu kommen! Wer das Osterfrieden nennt, der hat noch nichts gemerkt. Aber nach diesem faulen Osterfrieden schreien wir mit den Kriegsknechten, mit den Priestern bis auf den heutigen Tag. Wir schreien umsonst. Der Osterfriede sieht anders aus. Aber wie?
Herr, lass es nicht Frieden werden in meinem Herzen, Haus und Land, bis dass wir deinen Frieden suchen. Amen.
Die Morgenröte war noch nicht / mit ihrem Licht vorhanden, / und siehe, da war schon das Licht, / das ewig leucht', erstanden; / die Sonne war noch nicht erwacht, / da wacht' und ging in voller Macht / die unerschaffne Sonne. Paulus Gerhardt