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25. September

Eins zu zehn

Jesus antwortete und sprach: Sind ihrer nicht zehn rein geworden? Wo sind aber die neun? Lukas 17,17

Zehn Aussätzige haben den Herrn von ferne angerufen. Sie haben gerufen aus bitteren Herzen und aus heiseren Kehlen. Und sie haben gar eindringlich und unterwürfig gerufen, haben gerufen: "Jesu, lieber Meister!" Wie oft schon haben wir so gerufen: "Gott, lieber, lieber, lieber Gott!" Wie lieb pflegt uns doch Gott zu sein, wenn wir etwas von ihm wollen! Und nun haben jene zehn Aussätzigen erreicht, was sie möchten, und nur einer kommt zurück und bezeugt auch jetzt noch seine Liebe, bezeugt, dass es ihm ernst gewesen ist damals, als er rief: "Jesu, lieber Meister!" Die andern neun aber feiern irgendwo ihre Genesung; ihnen ist jetzt dieser Meister nicht mehr halb so lieb, nicht einmal mehr interessant, nicht einmal mehr eines kleinen Händedrucks wert. Und Jesus ruft: "Sind ihrer denn nicht zehn rein geworden? Wo sind denn die neun?" Bis auf den heutigen Tag schreitet diese danksuchende Frage des Heilandes durch die Völker. Die neun, die des Dankes vergessen haben, sie gehen um im Volk. Wir sind ihnen alle schon begegnet; ja wir sind alle schon in ihrer traurigen Schar mitgelaufen. Zehnmal schon ist dir und mir, deinem Volk und meinem Volk, Gnade für Recht widerfahren, und höchstens einmal vergassen wir das Danken nicht. So steht's um menschliche Dankbarkeit dem Vater im Himmel gegenüber. Hier hat der Herr selber das Verhältnis "Eins zu zehn" festgestellt. Bitten tun wir schon. Unser Volk betet viel mehr, als es sich's anmerken lässt. Wer auf Seufzer eingestellte Ohren hat, der hört jahraus, jahrein den grauenvollen Chor jener Aussätzigen, die um Gesundheit rufen und um Gerechtigkeit schreien. Ja wir sind sogar in letzten Nöten immer auch bereit, Busse zu tun, wenn man jenes vorübergehende Aussöhnen und jene notvolle Zerknirschung Busse nennen darf. Aber danken? Hinterher, wenn der Aussatz weg ist? Wenn auf weite Sicht keine Bombardierung, keine Inflation mehr droht? Wenn wir uns wieder so gesichert, so "säuliwohl" fühlen? Wenn die gekrümmt gewesene Rute wieder befreit in die Höhe schnellt? Da noch danken? Gott die Ehre geben? Dankbarkeit: "Eins zu zehn."

Herr, du kennst unsere Herzen und weisst alle Dinge. Schaffe einen starken Dank in meinem Leben, damit ich dem Teufel widerstehen kann. Amen.

Gib, Jesu, gib, dass ich dich kann / mit wahrem Glauben fassen / und nie, was du an mir getan, / mög aus dem Herzen lassen; / dass dessen ich in aller Not / mich trösten mög und durch den Tod / zu dir ins Leben dringen. Kyriakus Günther

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