Wenn es aber erwächst, so ist es das grösste unter den Kohlarten und wird ein Baum, dass die Vögel unter dem Himmel kommen und wohnen unter seinen Zweigen. Matthäus 13,32
Es heisst im Gleichnis vom Senfkorn nicht, das Senfkorn bleibe ewig klein und arm, sondern, es — wachse! So gibt es also doch ein Wachsen im Reiche Gottes. Gewiss. Aber es ist im Reiche Gottes nicht das gleiche Wachsen wie gewöhnlich. In der Schöpfung ist es so, dass ein Mutterkorn ausgehöhlt und verzehrt wird, dieweil die neue Pflanze daraus wächst. Beim Kartoffelgraben findet man gelegentlich noch die alte, ausgeraubte Saatfrucht oder zwischen den Würzelchen des ausgereiften Weizenhalmes das Mutterkorn. Ganz anders verhält sich's beim Wachsen aus dem Senfkorn. Hier bleibt alles Wachsen für immer abhängig vom "Mutterkorn". Das Reichsgotteskorn kann nie ausgehöhlt werden und verfaulen. Das Senfkorn kann nie als "Leiche" weggeworfen werden; es bleibt im Reiche Gottes ständige Grundlage allen Wachstums. Noch deutlicher! Das Senfkorn ist Jesus Christus und sein Wort. Einmal hatte es den Anschein, als wäre es nun erstorben und alles vorbei. Aber nur zwei Tage und zwei Nächte lang. Aber das Saatkorn ist auferstanden von den Toten in der Neuschöpfung der Osternacht. Seit Ostern kann kein Tod mehr das Korn und alles, was aus ihm wächst, vernichten. Die Gemeinde, die aus diesem Senfkorn wächst, kann nicht mehr aufhören in dieser Welt. Das ist die frohe Botschaft vom Senfkorn. Es ist, so klein es sein mag, die einzige Grösse, die nicht mehr untergeht. Was aber neben Christus, was neben dem Senfkorn wachsen will, wird faulen. Kirche und Kirchgemeinde, die nicht aus dem Senfkorn wachsen, verfaulen. Das ist aber auch das grosse Ärgernis dieses Gleichnisses. Wir möchten immer Kirche bauen, Kirche sich entwickeln lassen und wachsen sehen, die nicht aus dem Senfkorn stammt. Und es gelingt uns ja auch immer wieder eine Zeitlang, in dieser Welt Wurzeln zu schlagen neben Christus. Aber was immer da wachsen mag an noch so "blühendem kirchlichem Leben", und mag es sich ausbreiten "wie ein Lorbeerbaum", sobald es nicht aus dem Senfkorn wächst, wird es veralten und verfaulen und dem Zerfall hingegeben sein.
Herr, du bist der einzige Grund der Kirche. Einen anderen kann niemand legen. Amen.
Jesus Christus ist der eine, / der begründet die Gemeine, / die ihn ehrt als teures Haupt. / Er hat sie mit Blut erkaufet, / mit dem Geiste sie getaufet, / und sie lebet, weil sie glaubt. Philipp Friedrich Hiller