Ich habe mein Herz vor dem Herrn ausgeschüttet. 1. Samuel 1,15
Hier ist vom grossen, stillen Ereignis die Rede. Wenn Gottes Föhn zu blasen beginnt, und wenn es dem Menschen nicht mehr gelingen will, vor diesem Föhn Fenster und Läden zu schliessen, ganz bestimmte, konkrete Tat-, Wort- und Gedankensünden stehen dann auf und klagen an, werden gross und schrecklich sichtbar. Dann ist das stille Wunder der Beichte herangereift in diesem Menschenleben, dann kommt es zum "Ausschütten des Herzens vor dem Herrn". Aber eben, "vor dem Herrn". Das beachte wohl. Nicht irgendwo, sondern im Tempel Gottes, nicht vor irgendwem, sondern "vor dem Herrn". Es ist gefährlich, anderswo als "vor dem Herrn" sein Herz auszuschütten. Denn was in den Tiefen unseres Menschenherzens verborgen sich bewegt, das ist ein Inhalt so voller dämonischer Geladenheit, dass dem nur der Herr gewachsen ist. Denn nur der Heilige Geist ist stärker als die Geister der Tiefe unserer Menschenbrust. Das will nun allerdings nicht sagen, dass es nicht ein Mensch sein sollte, dem du die Beichte deines Lebens ablegst. Aber nochmals: Schau gut, welchem Menschen. Wenn je an einem Ort, dann gilt hier die Warnung: "Trau, schau wem!" Das Beichte Hören ist gefährlicher als eine Gletschertour. Irgendeinen Menschen wirst du an der Seele schädigen, wirst du die Seele vergiften, wenn du ihm dein Herz ausschüttest, und dir selber wird dann solch ein Ausschütten nicht helfen, auch wenn es dir für den Moment ein wenig "gewohlet" hat. Wir werden einst in der Ewigkeit staunen darüber, wie manchem Mitmenschen wir entscheidend zum Anstoss wurden durch allzu grosse "Offenherzigkeit". Wirkliche Hilfe bedeutet solch ein Beichten und Ausschütten nur dort, wo es vor einem Menschen geschieht, der Rückendeckung hat und selber auch angeseilt ist, vor einem geheiligten Menschen, der die ganze Angelegenheit priesterlich auf den Einen hinwirft, der allein unseren Herzenskummer auf- und wegzuwenden berufen ist, unser ewiger Hoherpriester.
Herr, wo in deiner Gemeinde "zwei oder drei" das Wunder der Beichte erfahren dürfen, da gib du, dass sie versammelt sein mögen in deinem Namen. Mehre du unter uns dieses Wunder. Schenk deiner Christenheit die wahre, evangelische Beichte wieder. Amen.
Gib in unser Herz und Sinnen / Weisheit, Rat, Verstand und Zucht, / dass wir anders nichts beginnen, / als nur was dein Wille sucht. / Dein Erkenntnis werde gross / und mach uns vom Irrtum los. Heinrich Held