Da versammelten sich die Hohenpriester und die Schriftgelehrten und die Ältesten im Volk in den Palast des Hohenpriesters, der da hiess Kaiphas, und hielten Rat, wie sie Jesum mit List griffen und töteten. Matthäus 26,3–4
Das ist wohl die erschütterndste Tatsache der Weltgeschichte überhaupt, dass Jesus Christus nicht befehdet wurde von Menschen, die von Religion und Frömmigkeit nichts wussten und vor aller Welt erklärte Atheisten waren, sondern von Menschen, die "Gott damit einen Dienst zu tun meinten". Menschen im Priestergewand, wir werden das später noch deutlicher sehen und sagen müssen, sind die Treiber bei der Passion des Herrn. Unter Anruf des Allmächtigen, "im Namen Gottes", wurde die Tat ausgeheckt und eingefädelt und durchgeführt, die Tat, die an Gottlosigkeit ihresgleichen sucht unter der Sonne. "Da versammelten sich die Hohenpriester und die Schriftgelehrten und die Ältesten im Volk in den Palast des Hohenpriesters, der da hiess Kaiphas." So unheimlich ist die Macht der Finsternis, dass sie auch die Leute völlig zu verblenden vermag, welche die Bibel in der Hand haben und tägliche Gebete sprechen. Du und ich aber sind nicht zu Richtern aufgerufen über jene, die der Verfinsterung verfielen. Angesichts dieser Tatsache haben wir uns vielmehr ernstlich zu fragen, ob nicht auch wir täglich in Gefahr stehen, gottwidriges Verhalten religiös zu rechtfertigen. Vor allem aber, wenn wir um Gottes Sache ins Eifern und Streiten geraten und unsere Fäuste sich ballen wollen, ist höchste Wachsamkeit geboten. Das Eifern ist nicht immer, aber fast immer verdächtig. Saulus, der "im Namen Gottes" die Christen verfolgt, ist in allen Zeiten der Kirche zur Warnung gesetzt. "Da versammelten sich die Hohenpriester —" Ratschlaget nur, ihr Priester und Schreiber und Hüter an der Tempelschwelle, ratschlaget nur, wie ihr ihn greifen wollt! Beschliesst nur! Hier hat ein anderer schon beschlossen!
Und dein Rat, den du gefasst hast, Herr, ist wunderbar. Du wirst ihn herrlich hinausführen. Reinige deine Kirche von Finsternis und Verblendung. Amen.
O du wunderbarer Rat, / den man nie ergründet! / O der unerhörten Tat, / die man nirgend findet! / Sünden, derer Gott zum Hohn / Menschen sich erfrechen, / die lässt Gottes eig'ner Sohn / an sich strenge rächen. Heinrich Held