Mache dich auf, hilf uns und erlöse uns um deiner Güte willen. Psalm 44,27
Woher kommt es auch, dass wir mit solch herzandringenden, mit so pressanten Worten uns an Gott zu wenden pflegen? Kommt das etwa daher, weil Gott nicht hört oder nicht hören will? Liegt nicht fast etwas von dieser törichten Angst in solch stürmischem Anruf? Gewiss! Und Gott nimmt uns diesen im Grund eher unziemlichen Ton, den wir je und dann in unseren Gebeten, uns ganz vergessend, anschlagen, gar nicht so übel. Gott kennt ja unser Herz. Hat's uns ja sagen lassen, dass er weiss, dass wir "in der Welt Angst haben". Und er weiss, wie oft wir in unserer Angst nur dadurch bestehen können, dass wir halt keuchend und zitternd wie "vergelsterte"8) Kinder zum Vater laufen. Sei du nur getrost solch ein Kind! Gott hat für alles, was Kind heisst, ein besonderes Ohr. Das sehen wir ganz besonders deutlich am Mann des 44. Psalmes. Dieser Mann ist tatsächlich so etwas wie ein Unikum unter den Psalmbetern. Er redet mit seinem Gott in beinahe unerlaubtem Ton. Er könnte ein rechter Frechdachs sein, wenn er (Vers 10‑15) Gott Vorwürfe macht und ihn dann mit den fast überkühnen Worten an seine Vaterpflicht erinnert und ihm gar ins Gesicht hinein zu sagen wagt: "Erwecke dich, Herr! Warum schläfst du? Wache auf und verstosse uns nicht so gar!" (Vers 24) Er tut damit eigentlich genau dasselbe, was die Jünger dort auf dem See tun, wo sie in Sturmesnot ihren Herrn aus dem Schlaf schütteln. Und es ist ganz wunderbar, was sich doch der Vater von seinen Kindern alles gefallen lässt. Der Mann des 44.Psalmes ist ein Gotteskind; ein etwas ungezogenes, aber wie sollte es nicht auch solche geben? Hat es doch "im Hause meines Vaters viele Wohnungen". Er kann sagen: "Ich verlasse mich nicht auf meinen Bogen, und mein Schwert kann mir nicht helfen" (Vers 7). Das Gotteskind, das sich so völlig in die Arme des Vaters wirft, darf auch einmal kühn reden. Der Vater lächelt dann und denkt: Verstehst es halt nicht besser, du kleiner, du lieber Strolch!
Was für ein grosszügiger und herrlicher Vater bist doch du, heiliger Gott, dass du dir Kinder hältst auf der Erde, so wie du Engel hast im Himmel! Amen.
Wach auf, wach auf, 's ist hohe Zeit! / Christ, sei mit deiner Hilf nicht weit! / Das wütend ungestüme Meer / läuft an mit Macht und dräut uns sehr. Ambrosius Blarer