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30. Juni

Der täglich Kommende

Jesus spricht: Ich will euch nicht Waisen lassen, ich komme zu euch. Johannes 14,18

Dass der Herr bei seinen Jüngern mit dem Gefühl rechnet, sie kämen sich nach seinem Tod wie Waisenkinder vor, ist uns ein neuer Beweis dafür, wie sehr er ihr Vater und Führer, ihr Ernährer und Versorger und ihr alles geworden ist. Und wenn er ihnen nun die Zusage gibt, er wolle sie nicht verwaist zurücklassen, sondern er werde zu ihnen kommen, dann meint er damit sicher nicht erst sein letztes Kommen in der Wiederkunft am Ende dieser Weltzeit. Denn wenn bis dahin nichts geschähe, müsste sich seine Gemeinde bis dahin ja doch verlassen und verwaist vorkommen. Er verheisst damit sein Kommen, zehn Tage vor Pfingsten. Aber dieses Kommen wird wiederum nicht einmalig sein, es wird ausser diesem grundlegenden und entscheidenden Kommen noch ein anderes, tägliches Kommen geben. Der Geist will täglich die Verbindung mit Christus, täglich den Verkehr mit dem Himmel aufrechterhalten, so wie ein Gesandter und Botschafter eines Königs stets mit dem Thron in Fühlung und Austausch steht. Christus steht auch heute vor der Tür und klopft an. Er will auch heute der Kommende sein. Christus ist traurig, wenn wir leben, als hätte er jenes Versprechen seinen Jüngern vor dem Abschied nicht gegeben. Christus ist ungehalten, wenn er nicht heute und alle Tage seiner Gemeinde mit seiner Gegenwart im Heiligen Geiste dienen darf. Je mehr ich die Freudigkeit habe, mit Christus und seiner Kraft, seinem Trost und seinem Frieden zu rechnen, umso klarer wird's mir werden, dass er wahrhaftig der Kommende ist. Die Gemeinde lebt buchstäblich aus seinem ständigen Kommen heraus. Wo sie nicht eine Gemeinde des Kommenden ist, wo sie aus eigenem Vorrat und aus eigenen Sicherungen anfängt zu leben, da werden ihr eines Tages diese Sicherungen durchgebrannt. Heute ist solche Zeit. Heil uns Christen, dass wir uns wieder darauf besinnen müssen, dass wir die Gemeinde des Kommenden sind.

Herr, wir warten auf den Tag deines letzten Kommens, wir können aber nur dann deine Wiederkunft erharren, wenn du heute und täglich bei uns bist mit deinem Geist. Amen.

Verwaiset sind die Kinder / nicht mehr und vaterlos, / Gott rufet selbst die Sünder / in seinen Gnadenschoss. / Er will, dass alle rein / von ihren alten Schulden, / vertrauend seinen Hulden, / gehn in den Himmel ein. Ernst Moritz Arndt

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