Seite zurück
Nächste Seite

10. März

Und am Abend —

Und am Abend setzte er sich zu Tische mit den Zwölfen. Matthäus 26,20

In ruhigster Umsicht und Voraussicht ist dieser Tisch bereitet worden. Die Ereignisse haben sich keineswegs kopflos überstürzt. Ein Lokal wurde ausgesucht und das Osterlamm nach altem Brauch geschlachtet, zum Gedächtnis an Israels Erlösung aus der ägyptischen Sklaverei. Alles bleibt bis zuletzt in völliger Ordnung. Hier geht derjenige in Leiden und Tod, der einst auf dem Schiffe schlief, während seine Jünger mit dem Untergang rangen, derjenige, der von sich in ganz besonders bedeutsamer Weise sagen darf: "Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln." "Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde." Schon taucht das Angesicht seiner Feinde auf, schon lauern sie an allen Ecken, schon gucken sie über jede Mauer, die Angesichter der Feinde, und er, er bereitet in königlicher Unbekümmertheit sich einen Tisch. Dieser Tisch soll für die Jünger gedeckt sein. Derjenige, der sich hier anschickt, Abschied zu nehmen von den Seinigen, will ihnen so recht eindrücklich und unvergesslich vor Augen führen: "Ich will euch nicht als Waisenkinder zurücklassen." Mit diesem letzten Abendmahl macht er die Seinen für alle Zeiten zu seinen unzertrennlichen Tischgenossen. Alles werden sie haben, wessen sie bedürfen. Er hat die Zwölfe um seinen Tisch versammelt, zwölfe, die feierlichste Zahl, die Zahl der erwählten Geschlechter. Nur zwölfe sind es! Die Zeiten sind vorbei, da sich die Massen herzudrängen, wo immer Jesus weilt; aber immerhin sind es alle zwölf. Auch der eine ist noch darunter, der bereits die dreissig Silberlinge Judaslohn in seiner Tasche trägt. Und dennoch nimmt Jesus ihn hinein zum königlichen letzten Mahl. Wahrlich, Jesus hat nicht umsonst das Himmelreich geschildert als ein Netz, das nicht bloss gute, sondern auch faule Fische umschliesst. Da drinnen, am Tisch, nachdem er noch besonders feierlich seine Gemeinschaft mit ihnen bekundet hat, da, beim Eintauchen in die Schüssel sagt er's ihnen: "Einer unter euch —" Und sie antworteten: "Herr, bin ich's?"

Herr, bleibe bei uns, wenn es Abend werden will und der Tag sich neigt. Bleibe bei uns, wenn die Mächte der Finsternis sich aufmachen. Du hast uns deinen Tisch bereitet, habe Dank. Amen.

Ach bleib bei uns, Herr Jesu Christ, / weil es nun Abend worden ist, / dein göttlich Wort, das helle Licht, / lass ja bei uns erlöschen nicht. Nikolaus Selnecker

Creative Commons-Lizenz

Inhaltsverzeichnis