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17. November

Ablenkungsmanöver

Die Pforte ist eng und der Weg ist schmal, der zum Leben führt; und wenige sind ihrer, die ihn finden. Matthäus 7,14

Die doppelte Prädestination ist ein beliebtes Diskussionsthema für geschickte Gedankenturner. Und dabei weichen wir der persönlichen Frage, nämlich der Frage nach unserer persönlichen Heilsgewissheit, die in diesem Problem verborgen eingehüllt ist, mit grosser Geschicklichkeit aus. Auch da wieder, wo von der engen Pforte die Rede ist und vom schmalen Weg des Lebens und von den wenigen, die ihn finden, drängt sich uns unmittelbar die Frage auf: Ich und die anderen? die vielen, die ihn nicht finden? Was geschieht denn mit diesen allen? Ist es nicht eine furchtbare Ungerechtigkeit, dass ihn "wenige finden"? So fragen wir. O wir unverbesserlichen Schlaumeier! Hier redet Gott dich an, dich ganz persönlich, du aber kneifst aus und schiebst das Wort, das dich meint, mit geschicktem Griff auf die — anderen. Ablenkungsmanöver, nichts als Ablenkungsmanöver! Gott aber gibt hier nicht nach. Er zeigt den schmalen Weg und er zeigt die enge Pforte, und er zeigt sie dir! Gott fragt: Willst du denn eigentlich, oder willst du nicht? Gott will einmal wissen, ob du willst. Gott will jetzt einmal deine Entscheidung, dein Ja oder dein Nein, Kälte oder Hitze. Aber er sagt dir deutlich, dass er nur an deinem Ja Gefallen hat, denn ein Nein bedeutete ja doch nur Tod und Verderben. Darum ist Gott so unermüdlich, wie ein Jäger im Herbst, hinter uns her und lässt uns keine Ruhe, nicht, um uns totzuhetzen und zur Strecke zu bringen, sondern um uns zu retten. Auf dem schmalen Weg will er uns haben und in der engen Pforte, nicht auf dem breiten Weg, der durchs weite Tor in den Abgrund führt. Bis ins letzte Abendmahl hinein hat Gott mit Judas Geduld, bis dort hinein geht sein Suchen. Ein solches Suchen und immer und immer wieder Suchen kann sich nur Gottes Majestät erlauben. Jeder Mensch gälte als schwach und charakterlos. Gott aber ist siebzigmal siebenmal bereit zum Verzeihen. Einen solchen Gott haben wir. Er ist so unergründlich in seinem Erbarmen wie in seinem Zorn.

Herr, erbarme dich derer, die den Weg gefunden haben, dass sie ihn mit Ernst gehen und dem Ziele nachjagen, dass sie es ergreifen möchten. Erbarme dich aber auch all derer, die im geistlichen Tod die breite Strasse gehen. Schaffe du allenthalben ein heilsames Erschrecken. Amen.

Was suchst du, Mensch, bis in den Tod? / Du suchst so viel, und Eins ist Not! / Die Welt beut ihre Güter feil, / denk an dein Heil / und wähl in Gott das beste Teil. Christian Friedrich Heinrich Sachse

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