Das gebiete ich euch, dass ihr euch untereinander liebet. Johannes 15,17
Im Altgriechischen gibt es zwei scharf geschiedene Worte für Liebe; das eine heisst Eros und ist unsere fleischliche Liebe, das andere heisst Agapä und ist die Liebe, die von Gott her kommt. In unserer Muttersprache sind wir darin ärmer. Wir kennen nur ein Wort. Wer aus dem Geist geboren ist, der hat Agapä; wer nur aus dem Fleisch geboren ist, der hat Eros. Wie gerne machen wir uns von der Liebe, die von Gott her kommt, ein "Bild, das uns gleich sei", und verwechseln fromme Sentimentalitäten und nachgiebiges Mitleiden mit jener heiligen und heiligenden Kraft, die aus dem Heiligen Geist kommt und Gottes- und Nächstenliebe heisst! Und nun gehört es zur Eigenart der natürlichen Liebe, dass sie sich in keiner Weise kommandieren lässt. Sie geht ihre eigenen, ihre eigenwilligen Wege. Eine natürliche Liebe, die nicht wie ein launisches Bächlein ihren Weg gehen kann, eine natürliche Liebe, die gehemmt oder eingeengt würde, müsste trauern. Von dieser trauernden Liebe sagen alle Völker in schwermütigen Liedern. Von solch naturgewachsener und eigenwilliger Liebe aber grundverschieden ist nun eben die christliche Nächstenliebe. Zu ihrer Eigenart gehört unter anderem, dass sie sich befehlen und gebieten lässt: "Das gebiete ich euch, dass ihr euch untereinander liebet." Von Gott werden wir nicht gefragt, ob uns ein Mensch sympathisch sei oder nicht, ob wir Gefühle der Liebe oder eher gleichgültige oder gegensätzliche Gefühle zu ihm haben. Wir sind einfach aufgefordert, ihn zu lieben. Diese Liebe ist nur darum möglich, weil sie nicht aus Gefühlen stammt, ja überhaupt nicht aus Menschen, sondern vom Himmel her. Diese andere Liebe ist gewirkt durch den Heiligen Geist, der sich des armen Sünders erbarmet. Dass diese Liebe wirkt, das ist für Jesus selbstverständlich. Nicht muss dem Heiligen Geist befohlen werden. Aber dass wir ihn wirken lassen, dass wir ihn in seinem Wirkenwollen nicht aufhalten, das muss er uns gebieten. Was die Liebe anbelangt, da ist Gott ein Gebieter. Die Gebieter dieser Welt sind Gebieter der Gewalt; Christus ist Gebieter der Liebe.
Herr, schaff in mir dein heiliges Liebhaben. Amen.
Du süsser Himmelstau, lass dich / in unsre Herzen kräftiglich, / und schenk uns deine Liebe, / dass unser Sinn verbunden sei / dem Nächsten stets mit Liebestreu / und sich darinnen übe. / Kein Neid, / kein Streit / dich betrübe! / Fried und Liebe / müsse schweben: / Fried und Freude wirst du geben. Michael Schirmer