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9. April

Ich weiss, dass ihr Jesum, den Gekreuzigten, suchet

Die Hüter aber erschraken vor Furcht und wurden, als wären sie tot. Aber der Engel antwortete und sprach zu den Weibern: Fürchtet euch nicht, ich weiss, dass ihr Jesum, den Gekreuzigten, suchet. Matthäus 28,4‑5

Drei Menschengruppen zeigt uns Matthäus an jenem ersten Ostermorgen: die Wachtsoldaten, die Jüngerinnen und die Hohenpriester. Sie alle hätten gern Frieden; aber nur eine von diesen drei Gruppen sucht "Jesum, den Gekreuzigten", darum findet auch nur eine von diesen drei Gruppen Jesum, den Auferstandenen. Es ist geradezu grotesk, wie unter dem Anblick des Engels die Soldaten zu Boden stürzen, und nun, da jedermann erwartet, der Engel werde die armen Schlucker anreden und besänftigen, wie nun der Engel majestätisch über sie hinweg sich an die Jüngerinnen wendet und zu ihnen, nicht zu den Soldaten, und noch viel weniger zu den Hohenpriestern, sagt: "Fürchtet euch nicht." So billig geht es eben mit dem Osterfrieden nicht. Osterfrieden gibt es nur, wo der Fäulnis auf den Grund gegangen wird. So wie ein kranker Zahn nur zur Ruhe kommt, wo und wenn es auf den Nerv geht, die Fäulnis kräftig angebohrt und weggebohrt wird, so kann die Welt nur dann zum Osterfrieden kommen, wenn wir einmal nicht mehr drum herumfahren, sondern den Dingen auf den Grund gehen und der Schuldfrage nicht mehr ausweichen. Alles Reden über die so genannte "traurige Weltlage" ist fades Geschwätz ohne die entscheidende Frage: Wo liegt die Schuld? Wie aber will ich meiner Schuld ins Auge schauen können, ohne zuvor schon zu wissen um Vergebung? Und wie soll ich etwas wissen um Vergebung, ohne Christus zu kennen? Das ist's! Es kann keinen Osterfrieden geben ohne Christus. Das aber heisst noch genauer: Es kann keinen Osterfrieden geben ohne Vergebung. Und das heisst noch präziser: Es kann keinen Osterfrieden geben ohne das Kreuz. Es gibt kein wahrhaftiges Ostern um den Karfreitag herum, es gibt nur ein Ostern vom Karfreitag her. Die Hand, die einer giftgeschwollenen, kriegstollen Welt den Osterfrieden anbietet, trägt die Nägelmale des Karfreitags. Aus einer anderen Hand als von jener, die uns zuerst die Vergebung unserer Sünden anbieten muss, bevor sie uns den Frieden anbieten kann, aus einer anderen Hand wird nie ein einzelner, geschweige denn ein Volk und Erdteil, zum Frieden kommen. Darum haben an jenem ersten Ostermorgen nur die Frauen den Friedensruf gehört.

Herr, du siehst das Grauen des Todes, das über dieser Welt liegt. Erbarme dich, Herr, erbarme dich und lass deinen Frieden hervorbrechen wie einen Strom und deine Gerechtigkeit wie Meereswellen. Amen.

Ich will von Sünden auferstehn, / wie du vom Grab aufstehest; / ich will zum andern Leben gehn, / wie du zum Himmel gehest. / Dies Leben ist doch lauter Tod; / drum komm und reiss aus aller Not / uns in das rechte Leben. Paulus Gerhardt

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