Die Kinder Zions seien fröhlich über ihren König. Psalm 149,2
"Kinder Zions." Unter ihnen stellt man sich leicht Menschen vor, die "in höheren Regionen schweben", Menschen in weissen Kleidern und mit verklärtem Blick. Nach der Heiligen Schrift aber ist ein Kind Zions jener Mose, der vierzig Jahre Schafe hütet und noch einmal vierzig Jahre durch Wüstensand watet, jener David, der seine Hände mit Regierungsgeschäften beschmutzt, jener Daniel, der als Gefangener "des Königs Geschäfte verrichtet", jene Lydia, die in Philippi hinterm Ladentisch mit Schere und Elle ihre Kundschaft bedient. Was sie zu Kindern Zions macht, das ist die Tatsache, dass es ihnen gegeben ist, auf der Erde unten, vielleicht ganz unten, vielleicht auch ganz oben, jedenfalls da, wo die Erde am schmutzigsten zu sein pflegt — da auf dem Posten zu stehen und da am Himmel festzuhalten. Sie geben den Blick auf die Berge nicht preis, von denen uns Hilfe kommt. Sie halten fest am Seil, das vom Himmel auf die Erde geht. Sie sind Sonntagskinder mitten im dicksten Werktag drin. Sie bleiben mit dem Ohr an Gottes Mund und lauschen mitten im Lärm und Gerassel des Tages den Geheimnissen der Heiligen Schrift. Und sie können's nicht lassen, ihrem Herrn die Ehre zu geben. Kinder Zions haben täglich und stündlich einen König. Sie wandeln täglich im Abglanz dieses Königs, essen an der Tafel dieses Königs und knien am Thron dieses Königs. Kinder Zions haben wohl Respekt vor diesem König, aber nicht Angst, sie sind rechte Kinder: so oft sie dem König nahen, sind sie eben Königskinder und dürfen "fröhlich sein über ihren König".
Herr, nimm mich so hinein in deine Herrschaft, dass auch ich nur mehr dein Kind zu sein begehre. Reinige aus meinem Herzen alles hinweg, was mir die Kindschaft und die fröhliche Einfalt raubt. Herr, ich möchte ein fröhlicher Bote deines Königreiches werden. Erhalte du dir Kinder Zions in diesen traurigen Tagen. Amen.
Zion hört die Wächter singen, / das Herz tut ihr vor Freude springen, / sie wachet und steht eilend auf. / Ihr Freund kommt vom Himmel prächtig, / von Gnaden stark, von Wahrheit mächtig; / ihr Licht wird hell, ihr Stern geht auf. / Nun komm, du werte Kron, / Herr Jesu, Gottes Sohn! / Hosianna! / Wir folgen all / zum Freudensaal / und halten mit das Abendmahl. Philipp Nikolai