Das ist der Wille Gottes, eure Heiligung. 1. Thessalonicher 4,3
Die Heiligung ist die notwendige Frucht der Gnade. Es gibt keine Heiligung neben oder abgesehen von der Gnade, gibt keine Heiligung sozusagen als Selbstzweck. Wo ein Mensch anfängt, ein Spezialist auf Heiligung zu werden und sein ganzes Denken und Reden und Tun sozusagen auf "Heiligung" einzustellen und abzustellen, da ist die Gefahr ganz gross, dass er sich "das Ziel verrücken lässt". Heiligung gibt es immer nur auf dem Grund und Boden des Glaubens und der Gnade. Was nicht auf diesem Boden gewachsen ist, ist Fremdgewächs, vielleicht Import aus dem Westen oder aus dem Osten. Der Glaube, wenn er echt ist und lebt, ist sozusagen trächtig an Heiligung. Der Glaube trägt die Kraft zur Heiligung in sich, so wie das Samenkorn das Geheimnis der Fruchtbarkeit, der Befruchtungsmöglichkeit in sich trägt. Der Glaube, der lebendig ist, gebiert die Heiligung sozusagen "von selbst" aus sich heraus. Nun aber ist zu beachten, dass es Zeiten gibt in unserem Leben, da wir wohl reich sind an Glauben, das heisst, reich an den Übungen des Glaubens und an überkommenen Formen des Glaubens, da aber langsam die Heiligung anfängt auszubleiben und schliesslich ganz zu fehlen. In solchen Zeiten wird unser Glaube leer und fängt an, einem verschlammten Weiher zu gleichen, der wohl noch "ein reiches Leben" birgt, aber keine Räder mehr treibt. Unser Glaube ist dann wie verstopft. Dann ist höchste Zeit, dass wir anfangen, unsern Glauben nach der Heiligung zu fragen, ja schliesslich von ihm die Heiligung zu fordern. Denn "das ist Gottes Wille, eure Heiligung". Zwei Hauptziele der Heiligung nennt an dieser Stelle der Apostel. Das eine besteht darin, "die Gefässe rein zu behalten von der Brunst der Lust", das andere darin, "den Bruder nicht zu übervorteilen im Handel". Das sind die beiden blöden Stellen in der Mauer, da die meisten Menschen ihre Wachen zu verdoppeln haben, und wo es am häufigsten an Heiligung fehlt: Sinnengier und Habgier. Sehr oft wird in der christlichen Gemeinde ganz besonders aufs erste geachtet, um beim zweiten, was Mammon anbetrifft, umso tiefer hineinzutappen.
Herr, erhalte den Glauben deiner Gemeinde gesund und fruchtbar, um der Ehre deines Namens willen. Gib, dass die Leute unsere guten Werke sehen und deinen Namen preisen. Amen.
Der Gott des Friedens heilge euch! / Seid sein, dient ihm in seinem Reich, / sorgt, dass ihm Geist und Seel und Leib / auf seinen Tag unsträflich bleib. Heinrich von Bruiningk