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17. März

Es muss also gehen

Wie würde aber die Schrift erfüllt? Es muss also gehen. Matthäus 26,54

Wir stehen hier jedenfalls vor einer der dunkelsten, aber zugleich für die Beurteilung der Zeit und Welt aufschlussreichsten Tatsuchen, nämlich, dass es in Gottes Weltregiment eine Stunde des Judas geben kann, dass Judas eine Stunde haben darf, dass sogar der Teufel einmal sich rühmen mag, er sei ein Gottesmann, weil Gott ihm günstige Winde in die Segel treibt, dass sogar einmal der Teufel triumphiert, Gottes Vorsehung sei mit ihm gewesen, und er stehe unter dem Schutz des Allmächtigen. Eine Frage liegt hier nahe, eine ganz besondere, eine Frage an Gott. Ich weiss, sie ist, wie alle Fragen an Gott, eine Frage der Auflehnung. Aber weil wir sie alle kennen, sei sie ausgesprochen, damit nicht jeder sie in einsamer Qual mit sich herumtrage. Und das ist die uralte Frage: Warum "muss es alles geschehen"? Warum dieses "Muss"? Warum muss es eine Stunde des Judas, warum muss es eine Stunde des Antichrist geben? Warum muss es eine Stunde geben, da der Hirte geschlagen und die Herde zerstreut wird? Warum muss es Stunden geben, da die Gemeinde in der Nachfolge Christi in die Gefangenschaft eingehen muss? Warum muss es Stunden geben, da das Unerträgliche geschieht, dass des Menschen Sohn die Hände zusammenlegen und sie sich mit Hanfstricken muss zusammenbinden lassen? Warum? Daraufhin sei zunächst ganz schlicht festgestellt: Die Stunde des Judas, die Stunde des Antichrist, die Stunde der Macht der Finsternis ist nicht weniger eine Gottesstunde als irgendeine andere. Gott ist hier nicht einen Augenblick auf dem Weltwagen eingenickt und hat das Leitseil fallen gelassen, so dass ihm etwa der Karren über das Strassenbord gefahren wäre. Gott hat nicht einen Augenblick die Herrschaft verloren, als man seinem Sohne dort die Hände zusammenschnürte. Gott sass auch dort im Regiment und war auch dort durchaus Herr der Situation. Aber wir werden noch andere Antworten erhalten. Es gibt nämlich nicht nur diese, es gibt auch noch andere Stunden des Judas, als diese hier eine ist. Lies Kapitel 27,1‑10

Herr, deine Gedanken sind nicht unsere Gedanken, und deine Wege sind höher als unsere Wege. Herr, dein Weg ist heilig. Amen.

Auf, auf, gib deinem Schmerze / und Sorgen gute Nacht! / Lass fahren, was das Herze / betrübt und traurig macht! / Bist du doch nicht Regente, / der alles führen soll: / Gott sitzt im Regimente / und führet alles wohl. Paulus Gerhardt

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