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21. Oktober

Gottes Weinberg

Was sollte man noch mehr tun an einem Weinberge, das ich nicht getan habe an ihm? Warum hat er denn Herlinge gebracht, da ich wartete, dass er Trauben brächte? Jesaja 5,4

Gottes Weinberg ist kein kümmerlicher Schinderacker. Gott pflegt ihn, pflegt ihn sorgsam wie einen Garten. Und Gott verlangt nichts von diesem Garten, das er nicht vorher hineingetan hätte. Er hat's nicht mit jenem Städter, der meinte, man könne immer nur herausholen aus dem Boden und müsse ihm nichts geben. Ein Gärtnermeister sagte mir einst, der beste Dünger, den er kenne, sei der Schweiss dessen, der die Scholle bearbeite. Daran hat's Gott wahrhaftig nicht fehlen lassen. Er hat jahrhundertelang seine Knechte gesandt, den Acker zu bebauen, zu jäten und auszureissen, aber auch zu pflanzen und zu pflegen. Und der Mann des 126. Psalmes sagt, Tränen seien vorzüglich für Gottes Acker: "Die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten." Gott hat sich auch Tränen kosten lassen für seinen Acker. Man lese daraufhin die Psalmen durch und die Bücher der Propheten. Da begreift man, wenn Gott einmal durch einen seiner Männer sich beklagt: "Du hast mir Mühe und Arbeit gemacht." Und unser Schlächter daheim behauptete immer, darum habe er in seiner Pflanzbühne die dicksten Kohlköpfe weit und breit, weil er seinen Acker mit Blut dünge. Blut sei der beste Dünger und gebe den fettesten Boden. Auch damit, auch mit Blut hat wahrhaftig Gott seinen Acker gedüngt. Er hat sich nicht nur vieles kosten lassen, er liess sich's alles kosten, Tränen, Schweiss und Blut. Darum, darum erwartet er von seinem Weinberg nicht nur Herlinge (Wildreben), sondern echte Trauben. Darum sagt er, dass man "sie an ihren Früchten erkennen wird". Wo aber die von Gott billig erwarteten Früchte ausbleiben, da geschieht mit dem Weinberg, was in Jesaja 5,1‑5 genau nachzulesen ist.

Wer in dir bleibt, Herr, der bringt viele Frucht. Aber ohne dich kann ich nichts tun. Um meiner Seelen Seligkeit willen bitte ich dich, schenk mir die Gnade, dass du einst Früchte findest, wenn du kommst, sie zu suchen am Feigenbaum, dann, wenn deine Engel ausgehen, den Weizen zu sammeln und in die ewigen Scheunen zu führen. Amen.

Herr, stärke mich, dein Leiden zu bedenken, / mich in das Meer der Liebe zu versenken, / die dich bewog, von aller Schuld des Bösen / uns zu erlösen. Christian Fürchtegott Gellert

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