Durch die herzliche Barmherzigkeit unseres Gottes hat uns besucht der Aufgang aus der Höhe. Lukas 1,78
Besuch aus der Höhe. Hoher Besuch hat sonst eher etwas Bedrückendes an sich für uns kleine Leute. Als aber Gott uns besuchte, der Höchste, oh, da geschah es gar wundersam menschlich. Im Staunen einer reinen Magd, in der Verlegenheit eines gottesfürchtigen Zimmermannes und im holdseligen Lächeln eines Kindleins, eingehüllt in die armseligen Gewändlein derart schlichter Menschlichkeiten ist uns der höchste Besuch von ganz oben herab erschienen. Derjenige, der hier von diesem Besuch Zeugnis ablegt, tut es ganz ungeniert, ganz ohne Angst und Beklemmung. Er redet so menschlich wie nur immer denkbar, redet von der "herzlichen Barmherzigkeit unseres Gottes", obschon er wahrhaftig keinen Augenblick vergisst, dass es sich hier um einen "Aufgang aus der Höhe" handelt, um ein Wunder von oben her. Da, wo wir unsere Schuhe ausziehen, auf die Knie fallen, unser Gesicht zudecken und unser Haupt verhüllen müssten vor heiliger Scheu, da dürfen wir näher kommen wie Kinder, deren anfängliche Schüchternheit in der Wärme herzlicher Güte aufzutauen beginnt. Das ist die überaus herzliche Barmherzigkeit unseres Gottes, dass es ihm gefallen hat, den höchsten Besuch, der je diese Erde besucht hat, in Kindsgestalt zu uns kommen zu lassen. Wenn Christus wiederkommen wird, dann wird es in höchster Majestät und Herrlichkeit geschehen. Wer sich durch die herzliche Barmherzigkeit seines ersten Kommens in sein Reich hineinrufen lässt, der darf auch im Blick auf seine gewaltige Wiederkunft getrost und erhobenen Hauptes der Dinge harren, die da kommen sollen.
Herr, ich kann dies Wunder deiner Güte nicht fassen. Du bist wunderbar in deinen Gerichten und wunderbar in deinem Erbarmen. Wie tief bist du herabgestiegen! Und das aus lauter Güte. Amen.
Wie ist der Tag so freudenreich / uns armen Menschenkindern, / da Gottes Sohn ist worden gleich, / doch ohne Sünd uns Sündern: / in Finsternissen sassen wir / und in des Todes Schatten hier, / weitab vom Weg zum Frieden. / Aber wir lobpreisen heut: / herzliche Barmherzigkeit / hat uns besucht hienieden.