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14. August

Der gute Hirte

Jesus spricht: Ich habe noch andere Schafe, die sind nicht aus diesem Stall, auch dieselben muss ich herführen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird eine Herde und ein Hirte werden. Johannes 10,16

So redet der rechte, der gute Hirte. Folget nicht fremden Hirten nach, und höret nicht die Stimme des Fremden. Der gute Hirte bewacht und beschützt seine Schafe nicht nur in der Hürde, sondern weist und richtet ihre Blicke stets auch über die eigene Hürde hinaus zu denen, die "an den Enden der Erde wohnen und überm Meer und auf den fernen Inseln". Der gute Hirte richtet, durch die dickste Dunstschicht nationaler Engherzigkeit und Einschrumpfung hindurch, eine Hoffnung und eine Liebe auf auch für alle, die "nicht in diesem Stall sind", und zwar noch in ganz anders umfassendem Sinn als unser Gottfried Keller, als er das Wort aussprach: "Achte jeden Mannes Vaterland, das deinige aber liebe." Heute liegt die Luft voll von Stimmen falscher Hirten. Die falschen Hirten sind daran erkenntlich, dass sie nur einen Blick und ein Herz für einen einzigen, kleinen Stall haben. Die falschen Hirten wollen heute und zu allen Zeiten die Gemeinde Gottes im kleinen Stall des eigenen Volkes, der eigenen Rasse und der eigenen Nation festbinden. Diese Einengung des Glaubens, Hoffens und Liebens ist jeweilen ein Leiden für die Gemeinde. Aber der Herr der Kirche gibt "die anderen Schafe, die nicht aus diesem Stalle sind", unter keinen Umständen preis. Auch wenn jetzt die Stalltüren in aller Welt verriegelt und verrammelt werden, auch wenn die Gräben noch so tief gezogen und die Mauern noch so hoch geschichtet werden, Christus hat Mittel und Wege, seine Herde zu sammeln aus aller Welt und in aller Welt.

Herr, deine Güte reicht, so weit der Himmel ist, und deine Wahrheit, so weit die Wolken gehen. Erhalte deiner Gemeinde den Glauben, der bis an die Enden der Erde geht. Gib mir den Blick des Hirten, der die irrenden Schafe erkennt; gib mir das Ohr des Hirten, das den Schrei von draussen hört; schenk deiner Gemeinde ein tapferes Festhalten auch an der Hoffnung für Israel. Amen.

Dein Reich ist nicht von dieser Erden, / doch aller Erde Reiche werden / dem, das du gründest, untertan. / Bewaffnet mit des Glaubens Worten / zieht deine Schar nach den vier Orten / der Welt hinaus und macht dir Bahn. Friedrich Rückert

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