Seid dankbar. Kolosser 3,15
Was für den Wagen das Benzin, das ist für den Christenmenschen die Dankbarkeit. Sie ist für uns Christen nicht eine Regel der Wohlanständigkeit, und sie ist nicht nur eine schöne moralische Sache, sie ist auch nicht nur ein schönes zartes Gefühl, nein, sie ist viel mehr, die Dankbarkeit ist für uns evangelische Christen ganz hausbacken und ganz praktisch der Antrieb all unserer Taten. Die Dankbarkeit ist der "Betriebsstoff", der Motor, die "Triebfeder" jeglicher Bewegung und Handlung im Leben eines evangelischen Christenmenschen. Nicht, was wir tun, sondern was Gott für uns getan hat und alle Tage neu tut, das steht jeden Morgen neu vor uns. Alles, was wir in unserem Christenleben tun, ist veranlasst und getrieben durch das, was Gott für uns vollbracht hat. Der Christ kennt keinen Tag und keine Stunde, keinen Zustand und keine Lebenslage, da er nicht Grund zum Danken hätte; denn der Grund unseres Dankes ist das ewige Evangelium, die Botschaft von Jesus Christus. Für die Gottestat am Kreuz habe ich tatsächlich stetsfort und alle Morgen neu Grund zum Danken. Dafür kann ich nie genug, kann ich mein Leben lang immer nur zu wenig danken. Dieser Dank für eine Gottestat, die in kein menschliches Mass je kann gefasst werden, gibt unseren Taten die überfliessende, überbordende Fülle und Kraft. Wo die Dankbarkeit gibt, da bemisst nicht der Rechengeist die Gaben, und sie fallen darum nicht kärglich aus. Die Dankbarkeit kennt kein "spitzes Mass", sondern gibt eher noch etwas drüber hinein. "Wer dich eine Meile nötigt, mit dem gehe zwei, und wer dir den Rock nimmt, dem lass auch den Mantel." Etwas von der Erfüllung dieses Wortes bricht auf in dem Leben, das auf Dank gestellt ist. Der Sohn, der ein für allemal und unwiderruflich Kind und Erbe ist, der nimmt's mit dem Feierabendmachen nicht so genau wie der Tagelöhner, der mit dem Stundenschlag die Hacke sinken lässt. Auch der evangelische Christ kennt "gute Werke". Aber die haben einen ganz anderen, einen ganz besonderen Sinn. In der evangelischen Lehre lautet die Reihenfolge: Gottes Tat und dann unsere Taten, und zwar aus Dankbarkeit.
Vater im Himmel, habe herzlichen Dank, dass wir deine Kinder sein dürfen. Schenk mir das Herz eines Kindes, das dir von den Augen abliest, was du von ihm wünschest. Amen.
Brich herfür, brich herfür, / Zion, brich herfür in Kraft; / lass die Bruderliebe brennen; / zeige, was der in dir schafft, / der dich als sein Volk will kennen; / Zion, durch die dir gegebne Tür / brich herfür, brich herfür. Johann Eusebius Schmidt