Unsere Väter hofften auf dich, und da sie hofften, halfst du ihnen aus. Psalm 22,5
Ich weiss von zwei Nachbarn, die auf zwei Höfen weitab von Markt und Krämer wohnen, deren Frauen sich des Öfteren gegenseitig aushelfen, sei es mit einer Tasse Öl oder mit einer Handvoll Kaffeebohnen oder mit irgendeinem Artikel der täglichen Notdurft, der unversehens zur Neige geht. Genauso pflegt Gott denen, die ihn liebhaben, zu helfen. "Gott half ihnen aus." Gott hilft so, dass er aushilft. Seine Hilfe ist Aushilfe. "Aushelfen", eines der immer wiederkehrenden Worte der Psalmen. Gottes Hilfe ist eine Hilfe draussen am Rand, unten auf dem Boden, eine Hilfe in der Nähe des Endes, dort, wo der Nullpunkt sichtbar wird. Wir aber möchten uns lieber nicht erst dann helfen lassen, wenn das Mehlmass den Boden zeigt und wenn das Kleid bereits angefangen hat, fadenscheinig zu werden, nein, wir möchten immer Gottes Hilfe schon vorher, hinein in stattliche Vorräte und reichliche Lebensmöglichkeiten, die noch auf weite Sicht nichts befürchten lassen. Wir möchten Gottes Hilfe ohne die Bedrängnis des Glaubens, die damit verbunden zu sein pflegt, ohne die Bedrängnis des Glaubens, der genötigt ist, von Gottes Hand in den Mund zu leben und sich eben "aushelfen" zu lassen. Unsere Väter aber, unsere Glaubensväter, mussten ganz anders "durch". Sie wurden von Gott gesegnet, gewiss, aber sie wurden von Gott sehr oft auch kurz gehalten und in die Schule des Hoffens und des Beharrens genommen. Unsere Väter, das sind all die vielen Wüstenwanderer, das ist Moses in der vierzig Jahre dauernden, täglichen Abhängigkeit von Gott, das ist Elia am Bache Krith, das ist David auf der Flucht vor Saul, der weiss, weil Gott mein Hirte ist, und nur darum, wird mir nichts mangeln. Das sind die Jünger, die "alles verlassen und ihm nachfolgen", das sind die Apostel, die ohne Tasche und nur mit einem Kleid auf den Weg geschickt werden, und die, einmal gefragt von ihrem Herrn: "Habt ihr je Mangel gehabt?" antworteten: "Nein, nie keinen", weil Gott ihnen "aushalf". Dies "Aushelfen" ist das Geheimnis des Himmelreichs. Hier reden "die Lilien auf dem Feld" und "die Vögel unter dem Himmel" ihre gewaltige Sprache. Bald wird für die Gemeinde eine Zeit kommen, da sie wieder deutlicher den Gott schauen wird, der den Vätern "aushalf".
Herr, wenn du mein Hirte bist, wird mir nichts mangeln. Erhalte deine Gemeinde in gläubigem Beharren zur bösen Zeit. Amen.
Bescher uns, Herr, das täglich Brot; / vor Teurung und vor Hungersnot / belmt uns durch dein lieben Sohn, / Gott Vater in dem höchsten Thron. Nikolaus Hermann