Sie führten die Schiffe ans Land und verliessen alles und folgten Jesu nach. Lukas 5,11
Sieh dir diese beiden jungen Männer an! "Sie verliessen alles." Wir sind uns wohl einig, dass es sich hier um eine Tat handelt, die unter den Heldentaten des Wagemutes und der Selbstverleugnung ihresgleichen sucht. Fast scheu schaut man zu den beiden hochherzigen Jünglingen auf, von denen es heisst: "Sie verliessen alles." Ja, nicht nur bewundern, beneiden möchte man sie um ihrer wunderbaren Freiheit willen, die sie dem Besitz gegenüber haben. Man möchte auch so handeln können, fühlt aber seine Gebundenheit an die Schiffe, an den See und ans Vaterhaus. Die Grösse der Tat dieser beiden hat darum etwas Erdrückendes und Beängstigendes. Sieh dir diese beiden an! Es könnte nun allerdings sein, dass du nicht zu einer Bewunderung ihrer Tat kämest, sondern zu einer Missbilligung derselben. Statt heldisch wäre sie dann dumm und kläglich, ja schlecht. Man könnte sie als Tat zweier Wahnsinniger hinstellen oder als Tat zweier Pflichtvergessener. Sie wären dann traurige Kerle, darum, dass sie ihrem Beruf untreu werden und ihren Vater im Stich lassen. Beide Male aber hätten wir den Sinn dieses Geschehens nicht erfasst, sowohl wenn wir diese Tat verherrlichen, als auch wenn wir sie "vernütigen"3). Es gibt nun aber noch eine dritte Möglichkeit: Sieh dir diese beiden Jünglinge nicht an! Schau eben gerade nicht auf sie, sondern schau auf den, dem sie nachfolgen und um derentwillen sie "alles verliessen". Erst jetzt und nur so wirst du das Verhalten der beiden recht beurteilen. Es handelt sich hier weder um menschliche Heldentat noch um menschliche Erbärmlichkeit, sondern um ein Wunder Christi, das Wunder der Nachfolge.
Lieber Herr, du kannst auch an mir dieses Wunder tun. Rüste deine Gemeinde zu, dass sie frei werde von den Dämonen des Besitzes, frei fürs Leiden und fürs Reich. Amen.
Wir warten dein, o Gottes Sohn, / und lieben dein Erscheinen. / Wir wissen dich auf deinem Thron / und nennen uns die Deinen. / Wer an dich glaubt, / erhebt sein Haupt / und stehet dir entgegen; / du kommst uns ja zum Segen. Philipp Friedrich Hiller