Die Hohenpriester aber und Ältesten, der ganze Rat, suchten falsch Zeugnis wider Jesum, auf dass sie ihn töteten. Matthäus 26,59
Hier sehen wir hinein ins feindliche Hauptquartier. Und das ist keine Räuberhöhle und keine Spelunke, sondern der Palast des Kaiphas, der "desselbigen Jahres Hoherpriester war". Nicht da, wo die Erde faul und stinkend ist, wird Jesus verworfen, sondern dort, wo sie solid ist und wohlgeordnet. Nicht da, wo die Menschen gestrauchelt und gefallen sind, wird Jesus verfolgt, sondern dort, wo sie bekennen: "Ich weiss, woran ich glaube —" Die Gesunden sind es, die des Arztes nicht bedürfen und ihn darum kreuzigen. So steht es um unsere menschliche Rechtheit und Gesundheit! Es findet hier eine Enthüllung statt, eine endgültige Enthüllung unseres Menschenwesens: So sind wir. Das feindliche Hauptquartier ist nicht nur der Palast des Kaiphas, das feindliche Hauptquartier gegen Jesus ist unser Menschenherz, vor allem unser "gutes Herz". Es gibt eine Apfelsorte, Boskop genannt. Das ist jener Apfel mit dem kräftig-milden Geschmack, der aber die bedauerliche Eigenschaft an sich trägt, dass er nicht, wie Äpfel gewöhnlich, von aussen her zu zerfallen beginnt, sondern von innen her. Zuinnerst im Kernenhaus beginnt seine Fäulnis, während man ihm aussen noch lange Zeit nicht das Geringste anmerkt, wie es um ihn steht. Seine Rinde bleibt zäh und glatt und behält die gesunde Farbe, aber innen hat's bereits begonnen. Dieser Apfel hat eben nicht "einen guten Kern". Er trägt wohl eine gute, verwendbare Schicht ums Kernenhaus herum, aber gerade der Kern ist nicht gesund an ihm. Solch einem Boskop gleicht nach der Heiligen Schrift der Mensch. Als solch ein eben nicht "kerngesundes", sondern gerade umgekehrt "kernfaules" Wesen wird uns dort im Palast des Hohenpriesters der Mensch gezeigt, der trotz einer guten und verwendbaren Hülle im Kern der furchtbarsten Bosheit fähig wird, die es je gegeben hat. Im Palast des Hohenpriesters kommt's heraus, was Jesus einige Wochen zuvor über unsere menschliche Boskop-Art gesprochen hat. Lies Matthäus 23,23‑33.
Herr, du kennest mich und erforschest mich. Du weisst alle Dinge. Heiliger Geist, mach du Wohnung in meinem Herzen. Amen.
Aus tiefer Not schrei ich zu dir, / Herr Gott, erhör mein Flehen. / Dein gnädig Ohr neig her zu mir, / lass meine Bitt geschehen; / denn so du willst das sehen an, / was Sünd und Unrecht ist getan, / wer kann, Herr, vor dir bleiben? Martin Luther