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4. September

Gottebenbildlichkeit

Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn. 1. Mose 1,27

Man kann sich das Verständnis dieses Wortes sehr schwer machen. Aber ich glaube, Gott will uns damit einfach sagen, dass Gott uns Menschen zu seinem 'Via-à-vis', zu seinem Gegenüber, geschaffen hat. Er schuf uns "auf sich hin", so, dass er uns anreden kann, und so, dass wir ihm zu antworten vermögen. Wir können ihn loben und können ihm danken dafür, dass er uns erschaffen hat, und können ihm die Ehre geben. Er hat uns das Wort gegeben und hat uns damit eingeweiht in die Pläne, die er mit uns, mit dieser Erde und mit dem Weltall hat. Er hat uns "ins Gespräch gezogen", das heisst ganz schlicht: Wir Menschen können beten. Das können und dürfen streng genommen nur wir, die wir dazu erschaffen und bestimmt sind, wir, von denen geschrieben steht im Schöpfungspsalm am Eingang der Bibel: "Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn." Oder, wie der Kirchenvater Augustin gesagt hat in einem vielzitierten Wort: "Du hast uns zu dir hin geschaffen, o Herr, und unruhig ist unser Herz, bis dass es Ruhe findet in dir." Das Betendürfen ist ein Vorrecht, ist ein wunderbarer Vorzug, den wir vor der übrigen Kreatur haben. Der Affe im Zoo drüben kann wohl Rad fahren und mit dem Löffel aus dem Beckeli essen und an der Stange turnen, aber er kann nicht — beten. Gott hat ihn nicht zu seinem Bilde geschaffen, darum kann er nicht beten. Dann sind wir am meisten Mensch, dann, wenn wir im Gebet mit dem Vater im Himmel stehen, dann ist unser menschliches Beglücktsein am reinsten und am stärksten, wenn wir in der Gegenwart des ewigen Schöpfers und unseres Vaters weilen dürfen im Gebet. Umgekehrt kennen wir alle Zeiten der Gebetslosigkeit, ein Zustand völliger "Appetitlosigkeit" geistlichen Dingen gegenüber. Dann können wir am Morgen tierchenhaft ausschlafen, können aus dem Bett heraus mit beiden Füssen stracks in die Arbeit hineinstampfen, am Abend nach fünf Minuten zu schnarchen beginnen, und so tagelang, wochenlang, unheimlich, dieser Zustand. Dann sind wir fern von der Gottebenbildlichkeit, wenn unser Leben arm ist an Gebet.

Herr, Vater, wecke mich frühe auf und lass meine Seele dürsten nach dir. O Herr, wie soll ich dir danken, dass ich dein Kind sein darf. Meine Seele erhebe den Herrn! Amen.

Lass uns stets dein Zeugnis merken, / dass wir Gottes Kinder sind, / die sich in dem Glauben stärken: / Gott ist väterlich gesinnt. / Lehr uns, dass des Vaters Zucht / einzig unser Bestes sucht. Heinrich Held

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